Dienstag, 20. Februar 2024

Der Aussichtsturm auf dem Bärenstein im Erzgebirge

Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf


Der 898 Meter hohe Bärenstein ist einer der Tafelberge im Erzgebirge. Auf ihm gibt es ein Berghotel mit Aussichtsturm.


Von der Bundesstraße B95 Annaberg-Buchholz in Richtung Oberwiesenthal biegt man im Ort Bärenstein nach der Kirche rechts in die Bergstraße ein. Nach 1,3 Kilometern mit einer anspruchsvollen Steigung von bis zu 15 % gelangt man direkt bis zum Ziel.
     

Der große Parkplatz am Berghotel mit dem Aussichtsturm.
     

Der Erzgebirgsverein Bärenstein bemühte sich schon seit 1890 vergeblich um den Bau eines Aussichtsturmes. 1903 wurde eine kleine Schutzhütte errichtet. Erst 1911 wurde der Bau eines Unterkunftshauses mit Turm genehmigt. Deshalb musste auch eine Straße sowie Strom- und Wasserleitung gebaut werden.
Alte Postkarte von 1911


Grundsteinlegung war am 1. Mai 1913, Einweihung nach nur 7 Monaten am 30. November 1913.
Alte Postkarte von 1913


Der überdachte Aussichtsturm ist 27 Meter hoch.
Alte Postkarte von 1919


Das Gasthaus wurde in den Folgejahren mehrfach erweitert, so auch 1937.
Alte Postkarte um 1940


Am 11. September 1944 wurde der Turm beim Luftkrieg über dem Erzgebirge beschädigt (Siehe Anhang). In der Wendeltreppe sind noch heute die Einschüsse zu sehen.
Alte Postkarte um 1940


1992/93 wurde das Berggasthaus grundlegend saniert, musste aber 2019 geschlossen werden. 
Alte Postkarte von 1963


Nach Renovierung konnten ab Juni 2021 wieder Gäste begrüßt werden.
Das Berghotel mit dem Anbau heute 
     

Die Eintrittskarte für die Besteigung des Aussichtsturmes - mit der Abbildung einer historischen Turmkarte von 1913.
     

Der erste Teil des Aufstiegs führt durch den an das Hotel angrenzenden Bereich.
     

Dekoration im Treppenaufgang - 116 Stufen sind zu bewältigen.
     

Kleine Kunstausstellung
     

Der letzte Teil des Aufstiegs führt über die noch im Originalzustand erhaltene eiserne Wendeltreppe – mit Einschusslöchern von der Luftschlacht am 11. September 1944.


Die großzügige vollverglaste Aussichtsplattform – leider lassen sich die Fenster nicht öffnen, deshalb sind Reflexionen auf den Fotos leider nicht immer zu vermeiden.

Blick über den Parkplatz mit Sendemast nach Nordost
     

Im Norden hinter den Bäumen: Der Pöhlberg (831 Meter)
     

Im Osten: Der Hassberg (Jelení hora, 994 Meter) 
     

Im Südosten: Der Spitz-Berg (Velký Špičák, 965 Meter), davor der Ort Weipert (Vejprty)
      

Links Weipert (Vejprty), rechts der Ort Bärenstein – Der Keilberg und der Fichtelberg stecken in den Wolken!
     

Jetzt größer:
Die  Talsperre Cranzahl
     

Sendemast und König-Albert-Turm auf dem Spiegelwald (727 Meter)
     

Der Aussichtsturm auf dem Pöhlberg (831 Meter)
     

Der 185,5 Meter hohe Fernsehturm Geyer
     

Der Hassberg (Jelení hora, 994 Meter)
     

Der Ort Weipert (Vejprty), darüber der Spitz-Berg (Velký Špičák, 965 Meter)

Der Spitz-Berg (Velký Špičák, 965 Meter) ist gar nicht spitz!
     

Der Kamm vom Erzgebirge versteckt sich leider hartnäckig hinter Wolken.
     

Abstieg über die Wendeltreppe
     

Ein Ausflug auf den Bärenstein ist immer zu empfehlen:
Leichte Erreichbarkeit, vielfältige Wandermöglichkeiten, gute gastronomische Versorgung und eine hervorragende Aussicht.
     

Die WANDER CARD vom Bärenstein
     


Anhang:

Text von Tafel 1 aus dem Aussichtsturm:

Erzgebirgs-Zweigverein Bärenstein

Am 1. Mai 1913 wurde der Grundstein zum Bau eines Unterkunftshauses auf dem 898 m hohen Berg Bärenstein gelegt. Im Juni 1913 wurde mit der Aufmauerung des Turmes begonnen.
Und schon am 30. November 1913 wurde das Unterkunftshaus geweiht.
Am 11.September 1944 geriet der 27 m hohe Turm ins Schussfeld des Luftkrieges über dem Erzgebirge. Projektile durchbrachen Fenster und Fassade der Turmspitze. Spuren der Einschüsse sind noch heute in der original Wendeltreppe zu finden.
Im Zuge des Anbaues des Unterkunftshauses 1993/1994 wurden am Turm Restaurierungsarbeiten durchgeführt. Die Fa. Dachdeckermeister H-J Beckert aus Kühberg fand beim Öffnen der Holzfassade vom Luftkrieg stecken gebliebene Munition.
 

Text von Tafel 2 aus dem Aussichtsturm:

Luftschlacht über dem Erzgebirge

Die Luftschlacht über dem Erzgebirge, auch als „Schwarzer Montag über dem Erzgebirge“ bekannt, fand in den Mittagsstunden des 11. September 1944 über dem Kamm des Erzgebirges östlich vom Fichtelberg in der Nähe des damaligen sudetendeutschen Markt Schmiedeberg (heute: Kovářská) statt.
Verlauf
Im Jahr 1944 fanden besonders viele Luftangriffe der alliierten Truppen mit dem Ziel statt, die Synthesewerke der deutschen Mineralölindustrie zu zerstören. Dort wurden kriegswichtige Treibstoffe für Flugzeuge und Kfz aus Kohle hergestellt. Am 11. September 1944 wurde Mission 623 geflogen. Diese hatte zehn Primärziele, zu denen u. a. Leuna (Merseburg), Lützkendorf, Magdeburg, Misburg (Werk Deurag-Nerag), Hannover, Böhlen, Brüx, Ruhland und Chemnitz gehörten. Die Bombardierung von Chemnitz war gleichzeitig Teil der Operation Frantic. Für schlechtes Wetter waren gleich viele Alternativziele festgelegt. Insgesamt waren 1131 Bombenflugzeuge im Einsatz, die von 440 Jagdflugzeugen zur Absicherung begleitet wurden.
Die Deutschen bemerkten die heranfliegenden amerikanischen Flugzeuge und sendeten von den Fliegerhorsten Alteno und Welzow einen Verband aus 60 Jagdflugzeugen vom Typ Focke-Wulf Fw 190A und Messerschmitt Bf 109G aus. Es handelte sich hierbei um die II. und III. Gruppe des Jagdgeschwaders 4. Bereits gegen 11:40 Uhr waren Teile der amerikanischen und deutschen Jagdflugzeuge südlich von Oberhof in Thüringen in heftige Gefechte verwickelt, bei denen 6 Deutsche und 2 Amerikaner starben. Einer der Toten, Lt. William Lewis, wurde erst 2002 nach einer intensiven Suche gefunden.
Der Hauptkampf fand dann östlich des Fichtelbergs auf böhmischer Seite statt. Der Erzgebirgsraum war bis zu diesem Zeitpunkt von Kampfhandlungen verschont geblieben. Über Schmiedeberg schlug das deutsche Jagdgeschwader noch vor dem geplanten Zusammentreffen zu und überraschte die Bomber mitten in ihrem Langstreckenflug. Innerhalb kürzester Zeit konnten 14 US-Bomber abgeschossen und weitere beschädigt werden. Kurz darauf erreichten auch die US-Jäger das Geschehen. Sie verwickelten die zumeist jungen und unerfahrenen deutschen Jäger - oft ihr erster Kampfeinsatz in aggressive Kämpfe und ermöglichten somit den verbliebenen Bombern den Weiterflug. Vier abgeschossenen US-amerikanischen Jagdflugzeugen stehen 37 Abschüsse von deutschen Jägern gegenüber.
Vier US-Bomber detonierten und stürzten brennend in und bei Schmiedeberg ab. Die Boss Lady zerbrach in der Luft, wobei das Heck zur Unterrichtszeit auf das Dach der Mädchen-Schule fiel, wo es steckenblieb. Absturzorte von Bombern lagen auch bei Crottendorf, Kretscham-Rothensehma, Neudorf, Gottesgab (Bozi Dar), Tellerhäuser und Schmalzgrube. Noch weiter verstreut liegen die Absturzorte der Jagdflieger: vier bei Schmiedeberg, fünf bei Weipert (Vejprty), aber auch bei Bärenstein, Mildenau, Zschopau, Grumbach, Sehma, Reitzenhain, Kühnhaide, Grießbach sowie Börnichen/Erzgeb.

Text von Tafel 3 aus dem Aussichtsturm: 
 
 
Flyer vom Museum der Luftschlacht über dem Erzgebirge am 11. 9. 1944
 
DAS MUSEUM
Es gibt mehrere tausend Ausstellungsstücke in der Sammlung des Museums - Wrackteile, persönliche Gegenstände der Kampfteilnehmer, Ausrüstungsgegenstände, Erinnerungsstücke, einzigartige Fotografien, Dokumentationen, Karten, Memoiren von Biographen und unmittelbaren Teilnehmern, Modelle und Dioramen.
Neben seinem Hauptschwerpunkt - der Dokumentation der Schlacht vom 11. September 1944 - beschäftigt sich das Museum auch mit dem Luftkrieg zwischen 1939 und 1945 über Tschechien und Deutschland. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen führt das Museum unter anderem saisonale Ausstellungen und andere Veranstaltungen für Schulen und andere Gruppen durch. Anlässlich von Jahrestagen der Schlacht veranstaltet das Museum internationale Treffen,
Das Museum hat im Laufe seines Bestehens an zahlreichen Diskussionen, Vorträgen und Seminaren in der Tschechischen Republik Deutschland, Großbritannien und den USA teilgenommen.
Dauerausstellungen:
• Schwarzer Montag über dem Erzgebirge (11.9.1944)
• Raum über den Kriegsgefangenen (Erfahrungen alliierter Flieger während ihrer Kriegsgefangenschaft in Deutschland) 
• Operation Donnerschlag (Nächtliche Kämpfe zwischen der KAF und der Luftwaffe über dem Erzgebirge am 14/15. Februar und 5./6. März 1945)
 
 
Text von Tafel 4 aus dem Aussichtsturm:

Rückseite des Flyers vom Museum der Luftschlacht über dem Erzgebirge am 11. 9. 1944

An diesem Tage im Jahr 1944 streichelte die Spätsommersonne die Gipfel des Erzgebirges und der Himmel wurde regelmäßig von Kondensstreifen der amerikanischen schweren Bomber durchzogen, die ihre tödlichen Lasten zu irgendeinem fernen Ort beförderten.
Es schien, als sei die Landschaft unter ihnen unbedeutend, und für deren Bewohner war der Krieg weit entfernt, abgesehen von der allgegenwärtigen Propaganda und gelegentlichen Briefen von der Front oder den gefürchteten Telegrammen, die über die Gefallenen informierten. Doch an diesem zweiten Montag im September sollte sich das alles ändern. Diesem Tag war es vorbestimmt, dass eine unglaublich heftige Konfrontation zwischen der amerikanischen 8. USAAF und der deutschen Luftwaffe stattfinden würde. Nur wenige Minuten dieses höllischen Gefechts genügten, um über fünfzig Flugzeuge von beiden Seiten als Opfer zu fordern.
An diesem 11. September 1944 entsandte die amerikanische 8. USAAF 1131 viermotorige B-17- und B-24-Bomber, um im Rahmen der Mission Nr. 623 verschiedene Ziele in Deutschland und im besetzten Europa zu treffen. Einige von diesen Bombern hatten die Aufgabe, Ziele in den östlichen Gebieten des Reiches und des Protektorats Böhmen und Mähren anzugreifen, darunter auch Raffinerien im deutschen Ruhland. Dies war die Aufgabe der 3. Bomberabteilung, die sich aus der 95., 100., 390. und 486. Bombergruppe zusammensetzte.
Kurz nach der Mittagsstunde wurde die 100. Bombergruppe mit dem Namen „The Bloody Hundreth“ (Die Blutige Hundertste) von einer großen Abteilung von II. (Sturm)/JG 4 Fw 190A-8/R2-Abfangjägern angegriffen. Es kam zu einer heftigen Luftschlacht, in welcher auf beiden Seiten mehrere Dutzend Flugzeuge zerstört wurden. Innerhalb weniger Minuten schossen die Piloten der Focke Wulfs und Messerschmitts ein Drittel der amerikanischen Bomberformation ab. Diese erste Phase der Schlacht spielte sich über den sonnigen Gipfeln des Erzgebirges ab. Die meisten Flugzeuge, die an diesem Tag vom Himmel geschossen wurden, stürzten im Gebiet von Oberwiesenthal und Kovarska (Schmiedeberg) an der heutigen deutsch-tschechischen Grenze ab. Allein im Gebiet von Kovarska schlugen vier B-17G auf dem Boden auf. Einige beschädigte Flugzeuge kehrten um und nahmen Kurs nach Hause. Doch wie es das Schicksal wollte, war die Tragödie an diesem Tag noch nicht zu Ende.
Bald war die Schlacht in vollem Gange. Die Bergwälder waren mit den brennenden Wracks der B-17 und der Fw190 übersät und am brennenden Himmel zeigten sich überall weiße Fallschirme, als die P-51 „Mustang“ der amerikanischen 339. und 55. Jägergruppe in den Kampf eingriffen. Nur diesen war es zu verdanken, dass die Bloody Hundreth, deren B-17- Bomber den gepanzerten deutschen Fw190 ausgeliefert waren, nicht noch höhere Verluste erlitt.
In wenigen Minuten wurden die deutschen Jäger die Gejagten. Der Kampf zwischen den amerikanischen und deutschen Jagdflugzeugen fand zwischen acht Kilometern Höhe und dem Boden und von der tschechischen Grenze bis in die Nähe von Chemnitz statt. Die „Bloody Hundreth" konnte sich nun ein leichtes Aufatmen leisten. Einige der beschädigten Bomber kehrten um in dem verzweifelten Versuch, nach Hause zu gelangen, während die restlichen Flugzeuge zu ihrem festgelegten Angriffsziel flogen, das nur etwa zwanzig Flugminuten entfernt lag. Die Luftschlacht bedeutete ein entsetzliches Ereignis für die Einheimischen. Über den Hügeln, Wäldern und Feldern regneten brennende Flugzeugwracks mit kreischenden Motoren nieder und die Luft war erfüllt vom Qualm und Gestank des Kampfes.
Während an diesem Nachmittag die abgestürzten Trümmer auf den Höhen des Erzgebirges ausbrannten, gelangten jene, die das Glück auf ihrer Seite hatten, zurück zu ihren Stützpunkten. Doch die Narben auf dem Land und in so vielen Leben würden für immer bestehen bleiben.
Heute wissen wir, dass in dieser Schlacht mehr als fünfzig Flugzeuge verloren gingen und achtzig Flieger der 100. Bomb Group, des Jagdgeschwaders 4 und der 55. Fighter Group ihr Leben verloren.
Nach nur noch wenigen Monaten endete der Zweite Weltkrieg. Die Überreste der abgestürzten Flugzeuge verschwanden langsam im Bewuchs. Die Ereignisse des 11. September 1944 gerieten nahezu in Vergessenheit.
Ab Mitte der achtziger Jahre jedoch begann eine Gruppe einheimischer Jungen diesen fast vergessenen Tag mit einer jugendlichen Begeisterung zu erforschen, was schließlich zur Gründung des Museums in Kovarska führte, dem zentralen Ort der Luftschlacht, die ihren Namen trägt.
Das Museum wurde am 13. September 1997 von Veteranen der Schlacht eröffnet. Nach 53 Jahren trafen sich ehemalige Feinde als Kameraden und Freunde, um ein neues Kapitel in der Geschichte des Schwarzen Montags über dem Erzgebirge aufzuschlagen.
Wenn es auch zunächst noch unwahrscheinlich schien, war das Ziel des Museums von Anfang an die Begegnung zwischen den Veteranen der Schlacht und den Angehörigen der Überlebenden und der Gefallenen beider Seiten, soweit die Forschungen dies ermöglichen würden. Ziel des Museums ist es außerdem, die Einzelheiten der Schlacht und die Geschichten aller Beteiligten so genau wie möglich zusammenzutragen und aus diesen Puzzleteilchen das Gesamtbild der Schlacht zusammenzusetzen.
Trotz der weitreichenden Auswirkungen war die Schlacht um das Erzgebirge am Nachmittag des 11. September 1944 nur eine Episode des Zweiten Weltkriegs. Männer aus zwei mächtigen Luftflotten nahmen daran teil, und ihre Entschlossenheit und ihr Opfer sollten niemals vergessen werden. Nicht zuletzt ist dieses Ereignis der Erinnerung wert, da es Teil des Kampfes für unsere Freiheit ist.     

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