Samstag, 12. Februar 2011

Essay: Der Stadtschreiber Johannes von Guben aus Zittau und der Berg Oybin


Der eindrucksvollste Berg des Zittauer Gebirges ist der Oybin mit seiner mittelalterlichen Burg- und Klosteranlage. Das wir überhaupt etwas über seine frühe Geschichte wissen, verdanken wir dem Zittauer Stadtschreiber Johannes von Guben. Von ihm selbst ist nicht viel bekannt, außer daß er 1363 Stadtschreiber und 1393 Ratsherr der Stadt "Sittaw" wurde. Er legte zwischen 1363 und 1381 eine Ratschronik an, die durch die Wirren der Zeiten bis heute erhalten geblieben ist. Dabei handelt es sich um eine in schlechtem Latein und im Umgangsdeutsch jener Zeit geschriebene Handschrift, die später unter dem Titel "Jahrbücher des Johannes von Guben" geführt werden sollte. Sie besteht aus zweiundvierzig gebundenen Pergamentblättern (ein Blatt ist unvollständig, vom Inhalt aber rekonstruierbar), die aber auch Einträge von einigen seiner Nachfolger enthalten. Viele handschriftliche Notizen am Rand, die oftmals bestimmten Personen nicht mehr zugeordnet werden können, ergänzen die Handschrift. Es war ein großes Glück, daß diese "Jahrbücher" vor der Zerstörung Zittaus im Jahre 1757 aus dem Ratsarchiv der Zittauer Stadtbibliothek übereignet wurden und so erhalten geblieben sind. Alles was wir über die Geschichte der Burg und des Klosters Oybin bis etwa zu Beginn der Hussitenkriege wissen, stammt aus der Hand Johannes von Gubens. Die wichtigsten Passagen seiner Handschrift, geschrieben in der Sprache seiner Zeit (um 1350), möchte ich nun (zumindest was den Oybin betrifft) wiedergeben. Ich stütze mich dabei auf das von Joachim Leopold Haupt herausgegebene Quellenwerk "Scriptores rerum Lusaticarum" von 1839.

Bitte beachten Sie, das "v" wie "u" gelesen wird und es damals weder eine "Alte" noch eine "Neue" deutsche Rechtschreibung gab. Aber man hätte sich durchaus mit diesen Menschen, die vor über 700 Jahren lebten, unterhalten können - wenn auch mit einigen Schwierigkeiten ...

Teil 1: Die Entdeckung des Oybins

Eyn lantherre waz gesessen by der Lypen, der his her Quale; dez selbin was das gewbirge yensit bis an di Lype des selbin diner yageten eyn bern vf den steyn, do der Moyben vffe stet, vnd slugen den vf dem steyne vnd quamen dez heym vnd sprachen 'herre, wir haben eyn di beste stat zu eyme huze, alz ir si solt geseen haben". der bwte von ersten den Owben. do noch etliche czyt vorginc her vnd bleyb vngebowt wol xx yar. dez bwten yn di herren wedir, di do sosen vf dem burchberge, vnd rowbten vo dem Oyben: daz word di ersten rowber, di man y in desem lande irkante. dez czogen die lowte, di hie woren, vnd zubrochen das hws vnd vortrebin di selben herren von dem burchberge. do noch lac der Oyben vngebwet biz an den von der Lypen; do dez dy stat waz, der richte do selbist vf dem steyne vf eyn bergfris. do noch by synen gecziten lac iz wuste dry yar. do noch liz der von der Lipen den Oyben müern, alz her noch sted biz an den hutehen tag.

Der von der Lipen hatte di stat bis konig Johannes czu lande quam. dez toten syn man grose schaden in dem lande mit rowbe, daz her vfte vnd manchis von konig Johannes wart angeredt vm syne man, daz her nicht vorentworten mochte, vnd wolde ir ouch nicht lasen töten, vnd czoch von synen mannen, den Napticzern, vnd von den Tanneveldern, vnd gab ym konig Johannes andir gut in Merern by Crommenow. 

Do vile des stat an konig Johannem. der hatte sy biz daz her konigyn Elsen swester gab herczogen Heynken von dem Yawer czu einer howsvrowen. derselben was Grecz, di stat. dez gab konig Johannes dem herczogen Heynken des stat vor Grecz czu syme libe, noch gotis geburte MCCCXXXVIJ iar. By herczoge Heynken geczyten, MCCCXXXVIJ iar, czoch dese stat vz mit anderen steten, vnd gewunnen daz hus Tolensteyn. Ouch by herczogen Heynken geczyten, MCCCXXXJX iar, czoch desse stat vz mit groser macht vnd gevonnen daz huz Schonenbuch. Ouch by herczogen Heynken geczyten, MCCCXLIIJ iar, XV kal. ottobris, quamen Misener her in diz lant mit XLV gleueny vnd namen gewant obenc Albrechtstorf vnd morten vnd slugen dy leytelwte: wenne czu der selben czit wotn gutir hande lwte vf dem Molsteyn, by XIJ vnd by XVJ, di di wayne beleyten vor dem Oyben ken der Lypen; wenne czu den geczyten czoch man di stroze ken Bem vor die Lype vnd vor di Dvbe. dez czogen die burgere vz vnd hatten czehen gleuenyn vnd eyne glicze vnd volgeten den rvbern noch biz an den Karnberg, yensyt dem nuwen stetel vnd do si se an quomen, do worn der vinde me wenne vire an eynen. dennoch stretin sy mit in an dem Karnberge, vnd stretyn dese burger so menneclich, daz si mit gotis hulfe daz velt behilden, vnd slugen der rwber vil czu tode, vnd vingen ir IJ vnd brochten si in dese stat, den man ouch di howbt abe sluc vf dem markte. zu der selben Czit hatte man eyn hulczin rothuz vf dem markte kegin der Mandaw. dor vndir woren dy brotbenke.
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Teil 2. Wie die Cölestiner auf den Oybin kamen

Do noch noch gotes burte MCCCLXVJ iar waz keiser Karl geczogen gegin Auion czu dem bobst, Vrbano genannt, vnd gewan do selbest gnade czu geysclichen luyten, dy waren monche, dy hysen Celestini, vnd hatten ein clostir czu Avion, in dem der keyser hatte ofte messe gehort; vnd gewan solche gnade czu in, also daz er sy lut kegin Behem in daz land: wenne czu dem male hatte zu keyn klostir in ganz Allmania: vnd quomen dez czwene monche mit dem keiser gegin Bohem vnd czogin dem keisir also lange noch, biz daz zy von im kein ende gehaben mochten: wen sy wolden nicht wonen zu Prage by den luyten vnd mochte in der keiser decheyne wonunge vor gegebin, dy den selben monche fwglich were, vnd nomen dez vlob von dem keiser vnd wurdin vs gericht mit czerunge vnd wolden wedir czihen gegin Auion. dez lak der keiser des selben nachtes vnd mochte ny kein slofen getun von der monchin weyin vind dochte hyn vnd her: wen die monche wollen jv wonen in eynem walde vnd in eyner wüstenunge: vnd dochte der keiser an daz haus Owyn, vnd dez morgens sante der keiser noch den monchen vnd sprach "ich habe uch gedocht vf eyne wonunge, vnde czihet gegin Syttaw vf ein haus, daz heist der Owyn", vnd gab des selbin monchen briefe; dy quomen her in dese stat in dem vorgenanten jaren vm pfingsten vnd waren von desin burgerin gewyst vf das haus vnd huben an zu bwhen, daz dese stat kost me wen CC schok daz zy musten bwhen von des keisers geheysse, vnd möhe vnd erbeit hatte dese stat, vs vnd in czu riten, vnd wart gemügt stat vnd daz land bei manchen jare ny vorwant. alzo sint dy monche Celestini komen in daz lant.


Merern - Mähren
Grecz - Königsgrätz
czu syme libeauf Lebenszeit
Schonenbuch - Burg Schönbüchel bei Schönlinde
Molsteyn - Burg Mühlstein
quamen - üblich
Misener - Meißner
gleueny - Lanzenträger
glicze - Lanze, Spieß
Albrechtstorf - Olbersdorf
leytelwte - Geleitsleute
di di wayne beleyten - die die Wagen begleiteten
howbt abe sluc - das Haupt abgeschlagen
hulczin rothuz - hölzernes Rathaus




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