Im englischen Sprachraum werden „Schmetterlinge“ bekanntlich als „Butterflies“ bezeichnet, was wörtlich übersetzt „Butterfliegen“ oder auch „Buttervögel“ bedeutet. Ein auf dem ersten Blick eigenartiger Name, dessen etymologische Nähe zum deutschen Wort „Schmetterling“ nicht auf dem ersten Blick erkennbar ist. Die bunten Tagfalter, die es bei uns in den vergangenen Jahrhunderten noch in viel größerer Individuenzahl gegeben hat als heute, haben sicherlich die Menschen veranlaßt, ihnen in dem jeweiligen Dialekt ihrer bilderreichen und kernigen Sprache Namen zu geben, deren Sinn im Laufe der Zeiten vielfach wieder in Vergessenheit geraten ist. So findet man in den Romanen des Theodor Fontane ab und an den Begriff „Kalitten“ für Schmetterlinge – ein noch im 19. Jahrhundert im Havelland weitverbreiteter Name, der sich z.B. in dem Kinderreim
Kalitte, Kalitte setze dir, ich gebe dir auch Wein und Bier ...
erhalten hat (damit wollte man die Schmetterlinge beschwören, sich auf einer Blume niederzulassen). Er stellt wahrscheinlich eine Verballhornung und Verallgemeinerung des Namens „Kohlweißling“ („Kolwite“) auf „weiße“, „gelbe“ und „braune“ Tagschmetterlinge dar. Das ist aber nicht ganz sicher, denn bereits in der niederdeutschen Sprache („Plattdeutsch“) gibt es das Wort „Kielitt“ für Schmetterling.
Aber zurück zu „Schmetterling“. Im Mittelalter war der Aberglaube weit verbreitet, daß gewisse Nachtschmetterlinge in der Dunkelheit die Euter der Kühe aufsuchen, um daraus Milch zu saugen. „Molkadiebe“ ist dann ein durchaus passender Name, der sich in einigen Gegenden Deutschlands bis heute erhalten hat. Dazu kommt noch, daß damals die Vorstellung weit verbreitet war, daß sich Hexen des Nachts in graue Schmetterlinge verwandeln können, um bei den Bauern Butter, Rahm und Schmant zu stehlen. In der böhmischen Sprache bezeichnet „smetana“ Sahne und Rahm, im ostmitteldeutschen war dafür früher das Wort „Schmette“ oder „Schmetten“ üblich. Daraus hat sich durch Dissimilation die Bezeichnung „Schmetterling“ für die „Molkendiebe“ entwickelt, den wir noch heute für diese Insektenordnung verwenden. Nach einer anderen Lesart soll „Schmette“ außer Rahm auch noch „Seym“, d.h. „Honig“, bedeuten. Schmetterlinge wären demnach „Honiglinge“, welche von Blüte zu Blüte wandern, um daraus Honigseim (Nektar) zu saugen. Im Glatzer Bergland (Schlesien) sprach man im Volksmund von „Molkadiebschnopper“, wenn es sich um einen Tagschmetterling handelt und von „Mottakeenich“ bzw. „Tuud“ bei einem großen Nachtfalter.
Auch der Ursprung des Wortes „Falter“ läßt sich aus dem Nebel der Vergangenheit kaum noch rekonstruieren. Es stammt wahrscheinlich von dem urtümlichen Wort „Byfaltera“ ab, woraus sich Zwyfalter und schließlich der Begriff „Falter“ entwickelt hat. Heute ist jedenfalls nicht mehr eruierbar, ob sich dieser Begriff auf die zwei Flügelpaare bezieht, die Tagfalter in ihrer Ruhestellung zusammenfalten können (so wie betende Hände). In einem deutschen Schmetterlingsbuch von 1660 wird der Distelfalter (Pyrameis cardui) z.B. „Brauner Weyfalter“ genannt.
In alten Schriften findet man neben der Bezeichnung „Sommervogelin“ (zur Zeit Walthers von der Vogelweide) ab und an auch den Namen „Pfeifholter“ (in der Glossaria Augiensia des Klosters Reichenau im Bodensee (13. Jahrhundert) als „Phiffholtir“ enthalten) für Schmetterling. Vielleicht läßt er sich auf das lateinische Wort für Schmetterling „Papilio“, zurückführen?
Auch individuelle Schmetterlingsnamen beweisen, daß unsere Vorfahren gute Beobachter waren. Bei manchen waren die Farben ausschlaggebend (Dukatenfalter, Trauermantel, Bläuling), bei anderen wiederum ihr auffälliges Verhalten (z.B. „Bachantin“ oder „Tänzer“ für Lopinga achine). Die „Blutströpfchen“ heißen so wegen ihrer blutroten Flecken auf dunklen Untergrund. Manche Schmetterlingsnamen nehmen auf auffällige Körpermerkmale Bezug, so z.B. der „Erpelschwanz“ (Clostera pigra) oder das „Taubenschwänzchen“ (Macroglossum stellatarum).
Nachtfalter werden umgangssprachlich oft als „Motten“ disqualifiziert. Über den Ursprung dieses Wortes kann ich jedoch nicht viel berichten bis auf das, daß sich daraus das Wort „Made“ abgeleitet hat. In Schriften aus dem 13. Jahrhundert wird aber bereits auf die Bücher-zerstörende Wirkung von „Motten“ hingewiesen.
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