Sonntag, 13. Mai 2012

Was ist ein "Super-Vollmond" ?

Ein Gastbeitrag von Prof. M. Dopleb


In jüngster Zeit fiel in den Medien häufiger das Schlagwort "Super-Vollmond" im Zusammenhang mit besonders erdnahen Vollmonden – z.B. für den Vollmond am 19.3.2011 (19:09 MEZ, geozentrische Entfernung: 356576 km – größte Annäherung seit dem 8.3.1993) und erst letzte Woche wieder zum Vollmond am 6.5.2012 (5:35 MESZ, 356955 km), obwohl letzterer noch vergleichsweise normal erschien.

Meines Erachtens lohnt sich aber eine genauere Analyse, was eigentlich mit "Super-Vollmond" gemeint ist: der besonders große gravitative Einfluß des Mondes im Perigäum und/oder seine maximale Helligkeit bei besonders großem scheinbaren Durchmesser. Für einen bestimmten Beobachtungsort kann der Mond zum Zeitpunkt der Vollmondphase unterhalb des Horizontes liegen, so daß das Ereignis für diesen Ort praktisch keine Rolle spielt. 

Zum Vergleich: Der berechenbare "Allzeitrekord" im Hinblick auf die Mindestentfernung des Mondes liegt bei ca. 356339 [+/- 2] km und wurde vor 4349 Jahren (am 20.10.-2337 nach dem Gregorianischer Kalender) erreicht, als der Zeitpunkt des astronomischen Vollmondes lediglich 23 Minuten vor dem Rekord-Perigäum lag (http://en.wikipedia.org/wiki/Talk%3AOrbit_of_the_Moon).

Dieser Minimalwert wird möglicherweise auch nicht mehr unterboten werden, da sich der Mond immer weiter von der Erde entfernt (knapp 4 cm pro Jahr). Seriöse Rechnungen zur Mondentfernung gehen nicht über das 3. Jahrtausend hinaus, so daß dann die mittlere Entfernung des Mondes um ca. 0.2 km größer geworden ist, was einen neuen Rekord zumindest weniger wahrscheinlich macht.

In der jüngeren Vergangenheit gilt der Vollmond vom 4.1.1912 (13:29 UT) mit nur 356375 km Entfernung als Rekordhalter. Erst am 1.1.2257 (13:16 UT) wird die Entfernung noch um 4 km unterboten werden. Aufgrund der gleichzeitigen Perihel-nahen Position der Erde in beiden Fällen kommt neben dem überdurchschnittlich großen gravitativen Einfluss des Mondes noch der der Sonne hinzu. Beide Ereignisse sind in Deutschland nicht zu beobachten, so daß die optische Seite eines "Super-Vollmondes" hier leider nicht zum Tragen kommt.

Für Deutschland wäre aber z.B. auch der Vollmond vom 14.1.1930 (356405 km) hervorhebenswert, weil die Vollmondphase exakt um 23.20 MEZ kurz vor seiner Kulmination in über 60° Höhe eintrat und die Mondscheibe mit 34' 4" besonders groß erschien. Allerdings betrug der Phasenwinkel 4,43° (Angaben nach Software Guide 8), weil sich der Mond mehr als 4° über der "Gegensonne" befand. Wie Jean Meeus nachweist, wirkt sich dieser relativ große Phasenwinkel nachteilig auf das Rückstrahlungsvermögen des Mondes und damit letztlich auch auf seine scheinbare Helligkeit aus (vgl. More Astronomy Morsels, Willmann-Bell 2002, 41-52). 

Im Vergleich dazu war beispielsweise der Vollmond vom 24.12.1787 noch rekordverdächtiger: Nach einer partiellen Mondfinsternis war er gut 2 Stunden nach astronomischem Vollmond um 17:37 UT gerade wieder vollständig aus dem Halbschatten der Erde herausgetreten (Entf. 356585 km). Vom Gebiet des heutigen Birma aus beobachtet, stand der Vollmond zu diesem Zeitpunkt im Zenit und hatte bei einem Phasenwinkel von nur 1,58° einen scheinbaren Durchmesser von sogar 34' 7", so dass er der möglichen Maximalhelligkeit von mag -12,92 (vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Apparent_magnitude) sehr nahe gekommen sein dürfte. Am 1.2.2762 (356572 km) wird er unter denselben Bedingungen dem Beobachter sogar noch um ca. 13 km näher sein – ein "Super-Vollmond" im 1.-3. Jahrtausend unserer Zeitrechnung, in jeder Beziehung.

Welche besonderen Vollmonde können wir künftig in Mitteleuropa erwarten?

Am 25.11.2034 wird der Vollmond um 23:32 MEZ kurz vor der Kulmination in 54,5° Höhe (für Zittau) einen scheinbaren Durchmesser von 34' 1" erreichen – bei einem relativ großen Phasenwinkel von 5,38°, was sich nachteilig auf die Helligkeit auswirken wird. Besser sieht es erst wieder am 3.1.2151 aus, wenn der zu 99,99% beleuchtete Vollmond bei einem kleinen Phasenwinkel von nur 1,17° einen scheinbaren Durchmesser von 34' 2,8" messen wird – für unsere Breiten ein beachtlicher Wert!


Scheinbare Größe des Vollmondes bei Rekord-Perigäum und in Zenitstellung: 34' 8" (100%)
Scheinbare visuelle Helligkeit bei Phasenwinkel von ca. 1,6°: -12.m92

Zum Vergleich: Größe des Vollmondes bei Rekord-Apogäum in Horizontnähe: 29' 23" (86,1%)
Scheinbare visuelle Helligkeit (ohne Extinktion): -12.m55

(Grafiken: Guide 8, Project Pluto)




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