Montag, 4. Juni 2018

Wanderung zum Flugfeld am Roll und in unbekannte Gräben des Kummergebirges

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Wir sind in Kummer (Hradčany). Unser erstes, eher ungewöhnliches Ziel ist eine Militärbasis. Südlich des Roll (Ralsko) fristet die ca. 2.800 Meter lange Start- und Landebahn der russischen Truppen, die bis 1991 hier stationiert waren, ein unzerstörbares und nutzloses Dasein. Immerhin lässt sich festhalten, dass die Piste frei von Unkraut und Bewuchs gehalten wird, so dass Sportflugzeuge hier problemlos starten und landen können und die Rollbahn ggf. für Notlandungen dienen kann. Als Aufmarschbasis gegen die Russen ließe sie sich allemal schnell wieder herrichten, denn die Ultrabösen selbst sind ja von hier auch mit Ihren Kampfjets aufgestiegen und die Bedrohung liegt spürbar in der Luft, wie uns täglich versichert wird. Die Wanderfreunde haben das Gelände dann gleich zu Beginn der Wanderung auch einmal gesehen und so können wir uns nun den beiden Buchbergen (groß und klein) (Malá/ Velká buková) zuwenden. Am Wege dahin liegt noch der idyllische Wabrauschkenteich (Vavrouškův rybník), einer von mehreren idyllischen Teichen. 

Ein Bach durchfließt den Ort [Kummer], welcher den Abfluss des unmittelbar beim Orte gelegenen, über 10 ha gr. Kummerteiches u. noch dreier anderer Fischteiche bildet. die sich gegen Hühnerwasser hinziehen. Zw. dem Kummerteiche u. dem nächsten, dem Dirnstenteiche, war im vor. Jahrh. ein Hochofen im Betriebe, worin die zw. den Buchbergen u. der gr. Bornai geförderten Eisenerze geschmolzen wurden; durchschnittlich wurden wöchentlich 130 Ctr. Roheisen gewonnen, das zum Theil an Ort und Stelle gegossen, theils in den Hämmern in Neubrück (wo heute die Brettsäge) verarbeitet wurden.

Nun zu den Buchbergen. 

Durch herrlichen Buchenbestand führt in diesem ein prächtiger Pürschweg in 45 Min. ans den k1. (426 m, Basalt), von dem man aus eine schöne Rundsicht namentlich über das Kummergebirge genießt. Der Berg hängt sö. mit dem gr. Buchberge (474 m) zusammen u. trug früher ein 1775 vom Grafen Vincenz Waldstein errichtetes Schutzhäuschen. Die nächste llmgebung der beiden Buchberge ist durch die großartige Schwarzwildzucht bemerkenswert. Wir steigen abw. in das 15 Min. entfernte Straßdorf eine Ansiedlung mitten im Walde, bestehend ans 7 H., worunter 2 Forsthäuser u. 1 Pechsiederei; früher bestand hier eine Glashütte.“ (Franz Hantschel, Nordböhmischer Touristenführer, 1894)

Von meinem ersten Besuch ist mir noch der sehr steile Anstieg auf den kleineren der beiden Buchberge in Erinnerung, den es in jedem Falle zu vermeiden gilt. Aber irgendwie scheint dieser Weg magisch anzuziehen, am Ende quälen wir uns wieder über den gleichen Pfad zum Gipfel. Nach einem kurzen Durchschnaufen schaue ich mich auf dem Gipfel noch etwas um. Früher scheint der Berg touristisch erschlossen gewesen zu sein, denn nach oben führen noch schwach erkennbar zugewachsene Steinstufen. Auch die beachtlichen Felsen um den Gipfelblock herum waren mir von der früheren Begehung nicht mehr in Erinnerung. Von hier besteht heute nur noch eine knappe Aussicht zum Heideteich (Břehyňský rybník), dem Petzberg (Pecopala) und einigen Höhen der Daubaer Schweiz (Dubské Švýcarsko). Daneben gibt es noch alte Telegrafenmasten der russischen Truppen.

Auf dem Weg zum Großen Buchberg finden sich noch weiter eingeschränkte Aussichten zu den Bösigen (Bezdězy) und dem Roll, einige Erhebungen des Lausitzer Gebirges im Hintergrund, trotzdem lohnt der Aufstieg zu den mit schönem Laubwald bestandenen Gipfeln.

In Straßdorf (Strážov) lohnt sich derzeit noch der etwas mühevolle Aufstieg zum Eichberg (Dubová hora), von dessen Gipfel man noch eine leider langsam durch Baumwuchs verdeckte schöne Sicht zu den Bösigen und über den Heideteich erhält.

Auf dem Rückweg zu unserem Ausgangspunkt in Kummer ist noch ein Abstecher in das gleichnamige Kummergebirge (Hradčanské stěny) vorgesehen, welches noch so manches Geheimnis birgt, vor allem, wenn man die wenigen ausgewiesenen Wanderwege verlässt. Das Kreuz und Quer der hier Gräben genannten Täler lässt einen zu oft die Übersicht verlieren und vielleicht in einen falschen Graben einlaufen. Dann ist kurz entschlossen zu entscheiden, umzukehren oder ein Abenteuer einzugehen, was unserer Natur eher entspricht. Unser erster Versuch war aber ein totaler Fehlschlag, denn der auf der Karte verzeichnete Pfad endet plötzlich an einer Felswand (den Kartografen hätte ich gern einmal kennengelernt), Abstieg also über eine waghalsige Steiltraverse (Kinder: nicht nachmachen!). Von unten höre ich die guten Ratschläge derer, die den Abgang schon geschafft haben.

Auch die zweite Gelegenheit für einen Irrweg lassen wir nicht ungenutzt. Wir schwenken in das falsche Tal ein. Der Pfad wird zunehmend dürrer und führt letztendlich steil durch Gestrüpp auf einen Seitenkamm weiter zu einem nun endlich wieder erkennbaren Weg. Wichtig: die Laune der Begleiter hält noch - wie Dreiwetter-Taft. Dafür werden wir dann mit dem Abstieg durch das sog. Antolova rokle (vermutlich der Lehm Graben nach Josef Matouschek) entschädigt, eine naturbelassene Klamm, in der wohl selten eine menschliche Kreatur anzutreffen ist. Umgestürzte Bäume, schlammiger Grund, Vogelsang, Mücken und pittoreske Felsen an den Talwänden lassen der Phantasie, einen Urwald zu durchstreifen, freien Lauf. 

Da man auf dieser Tour garantiert nicht mit einer Einkehr rechnen kann, ist der Ausschank in einem alten schmucklosen Kiosk in Kummer der reinste Gnadenakt.

Die GPS-Daten zu dieser Tour gibt es hier.





Am Flugfeld bei Niemes


Der Wabrauschkenteich



Die Buchberge


Auf den Buchbergen




Ausblicke vom Eichberg bei Straßdorf







Der Ginster blüht am Heideteich



In den Gräben des Kummergebebirges

















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