Dienstag, 31. August 2021

Aussichtsreiche Wanderung von Großtschernosek zur Radebeule, der Burgruine Kamaik, dem Eisberg und zur Porta Bohemica

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Da die Weinvorräte zu Ende gehen, wäre ein Abstecher nach Großtschernosek (Velké Žernoseky) tatsächliche eine günstige Gelegenheit, um diese im dortigen Weingut aufzufrischen. Natürlich ist das nicht der Hauptgrund für die längere Anfahrt, die man von zu Hause dahin in Kauf nehmen muss, denn auf dem Programm steht heute eine sehr aussichtsreiche Wandertour. Das erste Ziel ist die Radebeule (Radobýl). Entlang der Weinberge führt uns der Weg über Michelsberg (Michalovice) dem Gipfel entgegen.

Der einsam über der Elbe stehende Kegel ist der Hausberg von Leitmeritz (Litoměřice). Auf dem Gipfel befindet sich ein massives Eisenkreuz, welches seit seiner ersten Aufstellung 1862 mehrfach erneuert wurde. Der Gipfel des teilweise bewaldeten Berges bietet einen schönen Rundblick auf die Umgebung. Das Panorama ist umfassend, es erfasst (bei schönem Wetter) den Rund vom Riesengebirge im Osten bis zu den zahlreichen Kegelbergen des Böhmischen Mittelgebirges im Westen, umspült wird der Berg von der Elbe. Als störend wird heute der Industriekomplex von Lobositz (Lovosice) empfunden. Kaum erinnert man sich daran, dass das Ende des monumentalen Hügels kurz bevorstand. Es war fünf vor Zwölf, als er in den 50-er Jahren vor einem vorrückenden Steinbruch gerettet wurde. Mitte der 60-er Jahre wurde dem an seiner Nordseite bewaldeten Berg ein Naturschutzstatus gewährt. 1992 wurde die Radebeule zum Naturdenkmal erklärt. Aus botanischer Sicht sind die Südwest- und Westhänge des Berges sehr wertvoll, da sie mit einer grasartigen Vegetation der Felsensteppe bedeckt sind, in der eine Reihe seltener und geschützter Pflanzen vorkommen (z. B. Königskerze, Geißfuß, Maiglöckchen). Aus zoologischer Sicht handelt es sich um das wertvollste Vorkommen der wärme- und trockenheitsliebenden Fauna am rechten Elbufer des böhmischen Mittelgebirges. Fast 900 Schmetterlingsarten wurden hier gefunden, einige davon zum ersten Mal in Böhmen.

Nächstes Ziel ist die Burgruine Kamaik (Kamyk). Drei auffällige, namenlose Hügel in der Nähe des Dorfes Knobloschka (Knobloška), welche an Miniaturausgaben der Steppenberge im Westen des Mittelgebirges erinnern, ziehen dermaßen unsere Aufmerksamkeit auf sich, dass wir vom geplanten Weg abkommen und einen Umweg in Kauf nehmen müssen. Die Aussicht von diesen Hügeln in alle Richtungen ist wieder phantastisch, insbesondere natürlich zu den westlichen Kegelbergen Lobosch (Lovoš) und Milleschauer (Milešovka), auch Hasenburg (Hazmburk) und Kostial (Košťálov) sind erkennbar. Nach langem Abstieg geht es bei zunehmender Hitze durch Obstplantagen hinauf zur Burgruine Kamaik.

Aus dem Dorf führt ein Weg auf den Schlossberg (382 m), dessen steiler, aber gespaltener, basaltischer Gipfelfelsen den geborstenen vierkantigen Wartthurm der, ihrer Anlage nach kleinen, aber gut situirten Burg Kamaik, einer colossalen, ausgebrannten Feueresse gleichend, trägt. Um den Fuß des Felsen zog sich eine, mehrere Meter dicke. aus Sandstein erbaute Ringmauer, an die sich innerhalb Wohngebäude lehnten u. von der noch ziemlich bedeutende Reste mit ausgebrochenen Fenstern vorhanden sind. Das Ganze umzog ein Wallgraben. welcher ö. noch eine bedeutende Tiefe hat u. einigen Häusern des Dorfes gegenwärtig zum Standorte dient. Der frühere, nun verfallene Eingang befand sich auf der W.-Seite. Von den ehem. Felsenkellern unter der Burg hat sich der, gegenwärtig zum Hause No. 54 geh., erhalten. --- Es ist unbekannt. wann u. von wem die Burg Kamaik erb. wurde; 1319 bestand sie bereits als Stammsitz eines Adelgeschlechtes, das sich darnach benannte.“ (Dr. Franz Hantschel)

Die Burg ist, wie wir das von Dornröschen kennen, ordentlich von Gestrüpp umwachsen. Der verfallene Eingang ist verschlossen. Wir halten hier Mittagsrast und nehmen dann den Aufstieg zum Eisberg (Plešivec) in Angriff. Am Fuße des Berges, hinter der Barockkapelle Johannes des Täufers beginnt der Aufstieg zu dem Basaltkegel, an dessen Westhang sich die Wände eines ehemaligen Steinbruchs befinden, am Ostfuß wurde ebenfalls ein kleiner Steinbruch betrieben. Der größte Teil des Berges ist mit Laubwäldern aus Eichen, Linden, Ahorn, Eschen, Birken und Vogelbeeren besiedelt. Der obere, südwestliche bis westliche und teilweise auch nordöstliche Hang ist mit ausgedehnten Schuttfeldern - dem sogenannten Steinmeer - bedeckt. Die Überquerung des oberen Teils des Trümmerfeldes, wohin die markierte Route führt, ist zweifellos ein ungewöhnliches und eindrucksvolles Erlebnis.

Es geht ziemlich steil bergan, im oberen Teil führt der markierte Weg direkt über die Steinhalde, ein wenig Vorsicht auf den wackligen Steinen ist geboten. Die Aussicht, die man während der Überquerung des steil abfallenden Steinmeeres genießt, ist grandios, sowohl in Richtung Radebeule/Kamaik, als auch in Richtung Milleschauer. Der Weg führt direkt zum Gipfel, so dass die Anstiege im Wesentlichen für heute geschafft sind, abgesehen vom kurzen Aufstieg zu den Hanglagen des Straschitzken oder Dreihutberges (Strážiště). Auch von diesem wird eine grandiose Aussicht versprochen, was von unten schwer vorstellbar ist. Wir ergötzen uns derweil an den riesigen, zahlreich vorhandenen Ameisenhaufen, die um den Berg herum verstreut sind. Unser letztes Ziel ist der Dreikreuzberg.

Er führt seinen Namen schon seit dem 16. Jahrh. von 3 Holzkreuzen, die seine Kuppe kennzeichnen. Hier soll eine im Hussitenkriege zerstörte Veste gestanden haben, von der aber keine Spur mehr vorhanden ist. Ihre Besitzer sollen durch eine über die Elbe gespannte Kette die Schiffer gezwungen haben, einen Zoll zu zahlen. Hübsch ist der Ausblick auf die Radebeule, Großczernosek u. den Elbstrom bis Lobositz, auf den Lobosch, die Hasenburg u. den Georgsberg.“ (Dr. Franz Hantschel)

Über einen Zickzackweg verlässt man den Dreikreuzberg und gelangt direkt an die Elbe, an deren Ufer wir gemütlich zurück nach Großtschernosek wandern. Dabei fällt unser Blick noch einmal auf den Dreikreuzberg, der zugleich den Eingang zur Elbpforte - der Porta Bohemica - markiert.

Die berühmte Elbpforte ist eine Spalte im Urgestein (rother Gneis mit Hornblende u. Glimmerschiefer). Ein gewundener Engpass mit steilen, wildzerrissenen Felslehnen (Dreikreuzberg u. Hradek r., Dobrai u. Skala l.), längs denen die Bahn erst durch Sprengungen Raum gewinnen konnte.“ (Dr. Hantschel)

Heute rauschen die Züge beidseitig durch die Porta Bohemica hinein ins oder heraus aus dem Elbtal. An der Bahndurchführung, die in den Ortskern von Großtschernosek führt, erwartet ein Gartenlokal am Ufer der Elbe seine Gäste. Das lassen wir uns nicht entgehen und beschließen den Tag mit einem frisch gezapften Bier zum Ärger der Autofahrer unter uns.


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.




Weinberge um Großtschernosek


Weg zur Radebeule nebst Ausblicken vom Gipfel








Odlandschrecke


Alantdistel




Feldmannstreu

Die Hasenburg


 Ausblicke zu den Kegelbergen des Böhmischen Mittelgebirges





Wald-Wachtelweizen



Auf dem Weg zur Burg Kamaik, der Weg ist gesäumt von reifen Krischeln






Kapelle Johannes des Täufers am Fuße des Eisberges


Über das Steinmeer hinauf auf den Eisberg





Unterwegs zum Straschitzken, mit schönen Aussichten zur Burg Kamaik








Origano






Riesenameisenhaufen am Fuße des Straschitzken





Weg zum Dreikreuzberg



An der Porta Bohemica











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