Sonntag, 5. Februar 2012

Die Felsenveste Schwojka in der "Schwojkaer Schweiz" (Nordböhmen)


Als im Jahre 1414 Jan Hus sich aus seinem Exil in Südböhmen auf den Weg nach Konstanz zum Kirchenkonzil aufmachte, wurde er von einem gewissen Johann von Swoykaw, der sich auch Johann Kebka von Chlum nannte, begleitet. Er war einer der Söhne Henzlin von Swoykaw, dem damals der gleichnamige Burgflecken in Nordböhmen gehörte. Jedenfalls berichten darüber Aufzeichnungen, die den Jahreszins der Dörfer Schwoyka und Hermsdorf betreffen. Über seinen Stamm- oder Wohnsitz, die Felsenburg Schwoika unweit von Bürgstein (Sloup), oder was von ihr übrig ist, möchte ich heute berichten.

Wenn man mit dem Auto von Bürgstein kommend nach Schwoika (oder "Schwojka", Svojkov) fährt, fällt einen der Burgfelsen (etwa in der Höhe des neuen Schlosses (Restaurant) gelegen) eigentlich nur in den Wintermonaten auf, wenn die Bäume ihr Laub verloren haben. Aber dann sollte er doch die Neugier wecken und zu einem Zwischenstop auf dem Parkplatz vor dem "Schloßhotel" einladen. Der Weg zum Burgfelsen ist mittlerweile jedenfalls ausgeschildert.


Wie die Burg, die zum ersten Mal in einer Aufzeichnung aus dem Jahre 1370 erwähnt wird, ursprünglich einmal ausgesehen haben mag, kann man sich nur schwer vorstellen. Jedenfalls gehört sie zu der Art von Felsenburgen, in denen die wichtigsten Räume direkt in den Burgfelsen hinein getrieben wurden - und hier sogar in drei Etagen. Noch Ende des 19. Jahrhunderts konnte man in einigen Räumen Putzreste erkennen, die zeigten, daß die heute unförmig wirkenden Räume einmal sauber verputzt und mit Holztafelwänden ausgestattet waren. Auch konnte man noch vor 100 Jahren im zweiten Geschoss Reste gotischer Rippenbögen ausmachen. Heute sind nur noch die unteren Räumlichkeiten zugänglich, zumindest, wenn man nicht klettern möchte (dem sei auch abgeraten. Lediglich der Raum der zweite Etage ist über den Burghof oder durch ein Deckenloch aus dem Raum darunter mit etwas Mühe erreichbar). Die Burg selbst war nie sonderlich groß. Man erkennt aber, daß sie einmal mit einem Wall und einer Palisadenumfassung ausgestattet war. Ein Teil des ehemals vorhandenen Burggrabens und der Wallanlage ist bei der Herrichtung des ausgedehnten Schloßparks zerstört worden. Auch kann man sich vorstellen, daß die Felsenburg zu der Zeit, als sie herrschaftlich bewohnt war, viele Holzbauten enthielt. Die Stellen, wo Balken auflagen, sind noch heute gut zu erkennen. Die Reste einer Mauer sind dagegen nur noch auf der Westseite auszumachen. Sie begrenzt u.a. den nicht sonderlich geräumigen Burghof. Diese Mauer, die immer noch ungefähr 8 m hoch ist, hat wahrscheinlich auch einmal die an den Felsen angrenzende Süd- und Ostseite begrenzt. Ob dieser "Burghof" offen war oder vollständig mit Holzbauten ausgefüllt, wage ich nicht zu beurteilen. Auf jeden Fall erfolgte nur von hier aus der Zugang zu den Räumlichkeiten der zweiten und dritten Etage. Die heute ohne Kletterei nicht mehr zu erreichende, in den Fels gemeiselte Treppe, die man auf der Vorderseite der Veste in halber Höhe sieht, ist jüngerer Natur und wurde erst bei deren "touristischen Erschließung" zu Beginn des 19. Jahrhunderts angelegt.





Letzte Reste der Burghof - Ummauerung. Mit etwas Klettern kann man links über den Felsenrand in den ausgehauenen Raum der zweiten Etage gelangen. Links im Felsen befindet sich noch ein kleines Zimmer mit Ausblick. In den dort vorhandenen armtiefen Felsenspalt habe ich vor Jahren einmal einen Euro deponiert. Ob er noch da sein wird?




Der obere turmartige Felsen enthält den "Prunksaal" der Burg, einen ca. 2 m im Quadrat ausgehauenen Raum, der innen einmal verputzt war.





Die hier gut sichtbare Treppe wurde erst bei der "romantischen Umgestaltung" der Burg unter der Herrschaft der Kinskys angelegt. Sie diente dem sicheren Zugang zur Aussichtsplattform der dritten Etage. Der Zugang zur zweiten Etage erfolgte über einen Holztreppe vom Burghof aus.

Mit der Burg Schwoika ist ein Rittergeschlecht verbunden, die sich selbst "Herren von Swoykaw" oder Swojkow nannten und das sich über mindestens zwei Jahrhunderte verfolgen läßt. Nicht etwa, daß es durch besondere Taten aufgefallen wäre. Die meiste Kunde stammt aus Zinsverschreibungen, Erbbelegen, Landverkäufen bis hin zu Konfiszierungen, die sich bis heute erhalten haben. Über den Bau der Felsenburg, über das Leben darin und in den umgebenden Dörfern, über die Bewohner und über Belagerungen in Kriegszeiten ist nichts bekannt. Zu unbedeutend war dieser Adelssitz für die Geschichtsschreiber. Genaugenommen läßt sich nur eine sehr lückige Abfolge von Besitzern ausmachen, die sich meist wiederum nur durch ihren Namen "von Swoykaw" o.ä. mit der Burg in Verbindung bringen lassen.

Wie bereits erwähnt, muß die Burg im Jahre 1370 bereits bestanden haben. Damals lebte hier ein Ritter mit Namen Johann von Swoykaw. Sein Name ist nur deshalb überliefert, weil er als Bürge auftrat und bezeugte, daß ein gewisser Benesch von Nymans (Niemes) ordnungsgemäß seinen Jahreszins für seinen Besitz Voitsdorf bei Reichstadt bei dem zuständigen Erbrichter in Lipe (Böhmisch Leipa) hinterlegt hat. Auf einer weiteren Urkunde, die auf den 13. März 1371 datiert ist und auch die Bezahlung eines Jahreszinses (nur hier für das Dorf Kosel bei Lipe) betrifft, wird wieder ein "von Swoykaw" als Bürge erwähnt, Nur diesmal ein gewisser Nutzko von Swoykaw. Und so geht es weiter. 1381 taucht ein Henslin von Swoykaw auf, der die Übergabe einer gewissen Menge Geldes durch Hinko Berko von Duba an die Gemeinde der neu erbauten Kirche unserer lieben Frauen in Böhmisch Leipa bezeugte, mit der deren Hauptaltar finanziert werden sollte (29. April 1381). Zu Beginn des 15. Jahrhunderts begannen sich einige Herren von Swoykaw "von Chlum" zu nennen, z.B. Henslin von Swoykaw. Sein Sohn war der ganz am Anfang von mir erwähnte Johann von Clum, welcher am 18. März 1402 von seinem Vater sein Erbteil ausbezahlt bekam und unterschreiben mußte, daß er weder seinen Vater noch seine Brüder, noch weitere Erben in dieser Hinsicht weiter behelligen werde. Er bedingte sich, wie damals üblich, als Söldner und wurde zu einem begeisterten Anhänger und Weggefährten von Jan Hus, mit dem er zusammen nach Konstanz (durch einen Irrtum manchmal auch "Costnitz" genannt) zog. Aber was aus ihm geworden ist, nach dem sein Lehrmeister in Konstanz gefangen gesetzt und später (6. Juli 1415) als Ketzer verbrannt wurde, konnte ich leider nicht recherchieren. Es scheint aber, daß er in seine Heimat zurückkehren konnte und noch eine zeit lang auf der Schwoika nahegelegenen Burg Pihl (Pihel) gelebt hat.


Ansicht um 1840...

Und so geht es weiter. Es scheint, die Geschichte der Burg Schwojka ist nur eine Geschichte von nacheinander folgenden Namen. Über die Menschen dahinter erfährt man nichts. Sie waren sicher einmal angesehen und wichtig. Aber die Zeit hat sie endgültig begraben. Zu erwähnen ist vielleicht noch Nikolaus Panzer von Smoyn (siehe Essay "Bürgstein"), der um 1444 Ansprüche an dieser Burg gehabt haben soll, sie aber nicht durchsetzen konnte. Es gibt auch Hinweise darauf, daß 1446 sowohl das Dorf Schwoika als auch die Burg zumindest teilweise zerstört (abgebrannt) wurde. Später wechselte die Burg und die dazugehörige Herrschaft regelmäßig ihre Besitzer. Auffällig war nur noch ein Ritter von Kacic, dem die Veste zwischen den Jahren 1443 und 1452 gehörte und der sich "Kapoun von Swojkow" nannte. Sein Name taucht in der Geschichte nur noch im Zusammenhang mit dem böhmischen König Georg von Podiebrad mehrfach auf. Später gelangte die Herrschaft Schwoika aus der Hand einer Familie Elsnitz samt Burg an eine Familie Rodwitz von Friedersdorf (ab 1553). Im Jahre 1590 war die Burg offensichtlich noch bewohnt (aber ziemlich baufällig), denn der Doberner Pfarrer Frumwald notierte, daß das alte Schloß Schwoika "sammt einer geschrotenen hölzernen Stube" noch "unter Dach gestanden" habe, jedoch Friedrich von Rodowitz (der selbst darin geboren war) es mit "dem hübschen Stüblein" hat abtragen und das Holz verbrennen lassen. Seitdem scheint die Burg dem Verfall preisgegeben worden zu sein. Die Zeiten hatten sich ja auch geändert. Kein Adeliger wollte sicherlich mehr in solch einem wahrlich unluxuriösen Gemäuer sein Leben fristen. 



Seit dem beginnenden 19. Jahrhundert war die Veste Schwoika, genauso wie der nahegelegene Bürgstein (Einsiedlerstein) , ein beliebtes Ausflugsziel der "Schwoikaer Schweiz".

Die Herrschaft Schwoika wechselte in Folge noch mehrfach ihre Besitzer bis es am 10. Oktober 1750 der Graf Josef Maximilian Kinsky von Chynic gegen einen großen Batzen Geldes (38000 Gulden) erwarb und sie in seine Herrschaft Bürgstein integrierte. Ab diesem Zeitpunkt wurde die kleine Veste als Ausflugsziel hergerichtet und auch gerne von Sommerfrischlern aller Colour besucht. Eine Restauration in der Nähe diente der Bewirtung der Gäste. Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges und der darauf folgenden Vertreibung der deutschsprachigen Böhmen war es auch mit diesem Ausflugsziel vorbei. Das Gelände wurde eingezäunt und war dann bis zur Wende offiziell nicht mehr zugänglich.


So sah das alte "neue" Schloß Schwoika aus, bevor es 1958 abgebrannt ist. Nach der Wende wurde es neu errichtet und dient (wenn es nicht gerade geschlossen ist), als Gaststätte und Hotel.

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