Dienstag, 11. August 2020

Wanderung durch die Bieberklamm

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Schon einmal hatten wir Zuflucht vor glühender Hitze in der Bieberklamm (Bobří soutěska) gesucht., 38° wurden damals im Laufe des Tages gemessen. Ganz so schlimm sollte es nicht werden, aber Temperaturen um die 30° und Schwüle reichen ja auch schon. 

Unsere heutige Runde wollen wir von Graber (Kravaře v Čechách) aus antreten. Wir wandern hinaus gegen Morgendorf (Rané), welches sich in einem Wäldchen an den Hängen des Hammerberges (Mamry) verbirgt. Es handelt sich um ein altes Bauerndorf, in dem einst stattliche Wirtschaftsgebäude vorfindbar waren. Obst- und Hopfenbau brachten den Bauern auskömmliche Erträge. Der kleine Ort mit seiner Kapelle hinterlässt heute einen sehr gepflegten Eindruck. Es war keine schlechte Entscheidung, hier herauf gekommen zu sein, zumal sich beim weiteren Aufstieg gegen den Hammerberg sehr schöne Ansichten von Ronberg (Ronov) und Wilschtberg (Vlhošť) zeigen. Um nun zur Bieberklamm zu gelangen, müssen wir die erklommenen Höhenmeter wieder abgeben und wandern hinunter nach Großendorf (Veliká). Hier beginnt der markierte Wanderweg durch die Bieberklamm. Ein Hinweisschild belehrt den Naturfreund, dass in der Klamm mit Holzeinschlag zu rechnen ist und die Begehung auf eigene Gefahr erfolgt. Lassen wir uns zunächst einmal von einem Erlebnisbericht der Grottauer Wanderfreunde aus dem Jahre 1932 einstimmen 

Auf „ganz bequem“ sollte die Tour ja nicht gestellt sein, einige Stündchen Wanderung sollten Abwechslung bringen. Aber, wie sah‘s aus? Regenschwer hingen die Wolken noch über dem nahen Wald. Der Bieberbach schoß recht hochgehend mit Rauschen, in schmutzigen, erdfarbenen Wellen zu Tale. Und alles ringsum feucht. Feucht? Nein, triefend naß. Einige Teilnehmer zogen es vor, im schützenden Autobus weiter zu fahren, aber der Großteil, zu dessen Ehre sei es hier festgestellt, hatte den Mut, den Folgen von wolkenbruchartigen Niederschlägen in Sandalen und Sandalettchen wohlgemut entgegen zu gehen. Die Anzahl der unfreiwilligen Fußbäder war aber wohl auch gleich derTeilnehmerzahl. Alle Wege, meist dicht verwachsen, durch die Bieberklamm, den Bieberbach aufwärts, floßen im wahrsten Sinne des Wortes. An einigen tieferen Stellen hatte die Bieber in ihrem Größenwahn sogar den Fußpfad in ihr Bett einbezogen und die „Krone der Schöpfung“ musste notdürftig über Steingeröll, durch üppiges Gestrüpp mit Brennnesseln seine Wege bahnen. Nur, wer diese Wege kennt, kann ermessen, was wir litten. Im Verhältnis dazu gab es aber auch Lichtseiten. Schön war dieses enge Tal mit seinem überaus üppigen Wachstum, durch das brausend die Wässer des angeschwollenen Bieberbaches schossen. Ein sonst seltenes Bild, das wir schauen und in uns aufnehmen konnten. 

Im „Paradies“, am Ausgange der Klamm, wird Frühstücksrast, zuvorkommend bewirtet von den Wirtsleuten, gehalten. Daß man hier im Paradies nicht übermütig lebt und immer eine Mahnung vor Augen hat, hat man den gegenüberliegenden Ortsteil „Sorge“ getauft. Frisch gestärkt und was heute wohl noch wichtiger ist, auch halbwegs getrocknet, wandern wir den letzten Teil der Bieberklamm aufwärts. Ein natürlicher Wasserfall, heute besonders wirkungsvoll, stürzt wuchtig herab. … Im letzten teil ist das Tal sehr eingeengt, hohe Basaltwände treten dicht aneinander. Leider nagt hier ein Schotterwerk an dieser naturgewollten Ordnung.“ (Grenzlandzeitung, Wochenblatt für die heimische werktätige Bevölkerung der Gebiete Grottau, Kratzau u. Dt.-Gabel, August 1932)

Nun zurück zu unseren Erlebnissen. Der Bieberbach ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Wassermenge, die er führt, ist sehr bescheiden , obwohl es in den letzten Wochen erfreulicherweise hin und wieder geregnet hat. Urwaldartig ist das Erscheinungsbild der Klamm. Der sogenannte Holzeinschlag entpuppt sich als natürliche Verurwaldung. Die umgestürzten Baumstämme liegen kreuz und quer, keine Säge ist hier tätig gewesen. Die Brücken, die stellenweise über den Bach führen, sind in beklagenswertem Zustand. Man fragt sich, ob der Wanderweg nicht etwa aufgegeben werden soll. Man kann das tun, aber dann soll man es entsprechend kennzeichnen. Schade wäre es fraglos, denn abenteuerlich ist die Durchquerung der Klamm für den Naturfreund allemal. Von dem ehemaligen Gasthaus „Paradies“ ist nichts mehr zu sehen, denn der zugehörige Ort Klein Jober existiert nicht mehr. Dafür ist beim Wasserfall am Ende der Klamm der schöne Rastplatz noch erhalten. 

Wir verlassen die Klamm und wandern hinauf auf die Hundorfer Beile, einem Höhenzug, der sich von Wernstadt (Vernerice) her ausbreitet. Oberhalb der Schlucht befand sich früher das kleine Dorf Sorge (Starosti), von dem nur noch ein paar stattliche Ruinen einstiger Gehöfte zu sehen sind. Auf unserem langen Weg über ausgedehntes Grasland nach Hundorf (Pohorsko) lacht uns der Beile Berg (Pohorský vrch) entgegen, von dem ein traumhafter Ausblick auf die umliegende Landschaft versprochen wird. Allein der zusätzliche Aufwand bremst die Verlockung zu dem Aufstieg. Und das ist auch gut so, denn ein unerwartet Kraft zehrender Wegabschnitt steht noch bevor. 

Von Hundorf gehen wir zunächst hinab nach Konoged (Konojedy), das sanierte Schloss und die Barockkirche sind schon von weitem sichtbar. Die Restaurierung scheint beendet zu sein, kein Mensch ist um das Anwesen weit und breit zu sehen. Man darf wirklich gespannt sein, wann und welches Leben in dieses Ensemble einmal einziehen wird. Hinter dem Schloss beginnt für uns noch einmal ein Anstieg zum Eichtberg (Dubí hora), da wir nicht die Straße nach Graber zurück laufen wollen. Diese Entscheidung erweist sich als fatal, da der Weg kaum noch erkennbar und verwachsen ist und der Untergrund sehr uneben. Jeder ist froh, als wir Graber erreichen und erstaunlicherweise haben alle den richtigen Riecher, der uns zielsicher zu dem einzigen Restaurant des Ortes führt.


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.




In Graber









In Morgendorf








 In der Bieberklamm



















Auf der Hundorfer Beile / Ruinen von Gebäuden des Ortes Sorge






Konoged






Zurück nach Graber





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