Sonntag, 24. April 2022

Wanderung von der Polzenaue zu den Mikenhaner Steinen

 Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Jetzt muss es schnell gehen, wenn man den Frühling nicht verpassen will. Überall brechen die Knospen in kürzester Zeit hervor, die Frühlingsblumen entfalten ihre Blüten und die grünen Teppiche der Wiesen spannen sich über das Land. Da wollen jene Wanderziele in Angriff genommen werden, die davon eine Menge zu bieten haben. Heute zum Beispiel das Gebiet um die Mikenhaner Steine (Provodínské kameny), die sowohl wegen ihrer geologischen und botanischen Besonderheiten von Interesse sind. Das wussten auch schon die alten Touristiker..

Ein ganz anderes, nicht minder eigenartiges Bild hingegen bieten uns in der Hirschberger Gegend die Pflanzen sonniger, trockener Hügel und südlicher Berghänge. Um diese näher und in besonders schönen und seltenen Vertretern kennenzulern, besuchen wir am besten die in der Nähe der Eisenbahnstation Rehdörfel gelegenen ,,Mikenhaner Steine". Es sind dies 5 auch geologisch und mineralogisch (z. B. durch prachtvolle Natrolithe) sehr bemerkenswerte Hügel aus jungvulkanischem Gestein, die bogenförmig angeordnet nebeneinander stehen und sich weithin sichtbar über eine Sandsteinhochfläche steil emporheben. Vier davon sind meist nahezu kahle, abenteuerlich geformte Basaltfelsen und heißen Meichel-, Kahl-, Straußenstein und Neubauerberg. Der fünfte, einen langen, schmalen Felsenkamm tragende Lange Berg besteht ans Phonolith und ist größtenteils bewaldet. Am Fuße dieser Hügel breiten sich Acker und Wiesen aus. Ihre Nordseite ist entweder teilweise mit Kiefern bewaldet aber mit dichtem Laubgebüsch, vorwiegend Schlehdorn, bedeckt. Die Südseite ist mehr oder weniger kahl und meist bloß von Gras und anderen krautigen Pflanzen bewachsen. Die seltensten und kennzeichnendsten dieser Gewächse lernen wir am besten kennen, wenn wir den höchsten und sonderbarst geformten der Mikenhaner Steine, den 420 m hohen Kahlstein aufsuchen.“(*)

Wir möchten die Gegend einmal von Osten her erkunden, starten in Wesseln (Veselí) und durchwandern zunächst einmal die Auen des Polzen (Ploučnice), wo der Fluss friedlich seine Mäander zieht. Man sucht sich einfach ein paar Trampelpfade, denn ausgeschilderte Weg gibt es hier nicht, darf dabei aber nicht verpassen, rechtzeitig wieder das Tal zu verlassen, um auf den Weg zu gelangen, der seitlich am Kummergebirge (Polomené hory) vorbei hinauf nach Mikenhan (Provodin) führt. Gern hätten wir einen Abstecher in eines der kleinen Felsentäler des Kummergebirges unternommen. Das ist in diesem Bereich aber nicht möglich, weil ein umzäuntes Wildgehege angrenzt, welches nicht betreten werden darf. Bald öffnet sich rechterhand der Wald und es erscheint der langgestreckte Lange Berg (Dlouhy vrch) im Blickfeld. Solange sich noch kein Vieh auf den Weiden befindet, kann man querfeldein direkt auf den schmalen Waldstreifen des Berges zulaufen. Mit stetigem Anstieg wird die Aussicht immer besser. Auf der Nordseite des Bergrückens bieten sich traumhafte Aussichten. Dabei steht einsam der mächtige Roll (Ralsko) im Mittelpunkt, dahinter zeigt sich der Jeschken (Ještěd) und am fernen Horizont als weißer Streifen die noch tief verschneiten Kämme des Riesengebirges. Nachdem wir uns satt gesehen haben, setzen wir die Tour fort in Richtung Mikenhan (Provodín). Ein Pfad führt über einen schmalen Grat direkt über den Gipfel des Langen Berges

Von der Sandschenke führt ein Weg zum Forsthause Mikenhan von dem man dann auf den Berg, 309 m hoch, gelangt. In dem nahen Steinbruch liegt Klingstein in senkrechten Säulen bloß. Auf natürlichen Felsstufen steigen wir empor und befinden uns bald auf dem Kamm. Er ist nur etwa 4 m breit. Diese von selbst gewordene Verteidigungsschanze spielte 1778 im Kriege gegen Preußen eine wichtige Rolle und wurde damals für militärische Zwecke ausgebaut. 1813 wurden diese Schanzen wiederum besetzt, als die Franzosen von Zittau über Deutsch-Gabel sich vorschoben. Im Predigtstuhl, 399 m, erreicht der Kamm seine höchste Erhebung. Ein schmaler Felspfad führt zu ihm hin. Allerhand seltene Pflanzen findet der Botaniker hier, vor allem Schwalbenwurz und den Maulbeerbaum.“ (*)

Scharfkantig ragen die Felszacken an den höchsten Stellen des Kammes empor. Abrupt endet der Weg und führt steil hinab nach Mikenhan. Mikenhan liegt seinerseits auf einem in nord-südlicher Richtung verlaufenden, unbewaldeten Kamm. Betrachtet man diesen aus der Entfernung, beispielsweise aus Lauben (Loubí), so erkennt man eine Silhouette erloschenener Vulkankegel. Das sind neben dem Langen Berg noch der Meichelberg (Michlův vrch), der Straußenberg (Štrausův vrch) und der höchste unter ihnen, der monumentale Kahlstein (Spící panna). Dahin richten wir nun unsere Schritte.

Wie ein böser Geist kehrt sein dunkles Antlitz nach Norden der Kahlstein, 420 m hoch. Er ist ausschließlich guten Kletterern vorbehalten. Auffällig ist seine Form. Wie eine mächtige Säule erhebt sich der basaltische Kegel. Steil fallen die Wände ab. Nur in Spalten kann man sich langsam vorwärts tasten. Er ist auch mineralogisch interessant. Aus kopfgroßen, olivfarbig schimmernden Knollen lugt Bronzit hervor neben Enstatit, Diopsid und Magnetit in selten schönen Oktaedern, Auch die Pflanzenwelt ist reich an seltenen Arten. Am Kahlstein findet man ferner Glimmerschiefer, wohl ein Beweis dafür, daß der Basalt das Urgestein mit sich hochgerissen hat, als er die Erde durchbrach.“ (*) (Hirschberg, die Perle Nordböhmens. Ein Führer durch Hirschberg am See und in seine Umgebung, Fritz Günther)

Der Kahlstein ist ein großartiger Aussichtsberg mit totaler Rundsicht, nun auch in Richtung Daubaer Schweiz und Böhmischem Mittelgebirge, Wilhoscht (Vlhošť), Geltsch (Sedlo) und Ronberg (Ronov) treten unübersehbar hervor.. Nachdem die mutigen Gipfelstürmer begeistert zurück gekehrt sind, lassen wir noch einmal diesen herrlichen Tag hoch leben und beginnen dann mit dem Abstieg, der auf direktem Wege über die Wiesen hinunter nach Wesseln führt. Jetzt ist das noch ohne weiteres möglich. Später, wenn die Herden draußen sind, muss man sich etwas einfallen lassen.

Fazit: eine berauschende Tour, die viel mehr zu bieten hat, als man erwartet, wenn man aus der Ferne die Mikenhaner Steine erblickt.


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.































































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