Montag, 30. Mai 2022

Wanderung zur den Resten der Burg Chlum-Koslov im Böhmischen Paradies

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Vor kurzem erhielt ich Kunde von der ehemaligen Burg Chlum-Kozlov. Dass diese Burg in einem Bereich des Böhmischen Paradies gelegen ist, den ich noch nicht kannte, machte die Sache besonders reizvoll. Der Tag versprach bestes Frühlingswetter.
Viel Erhellendes lässt sich in der Literatur zu dieser Veste nicht finden. Bestenfalls bei dem mysteriösen Autor E.B. in dem Buch „Bad Wartenberg auf Groß Skal und seine Umgebung“

Sehr interessant und deshalb eines Besuches besonders werth ist die Ruine Kozlov. Wie die vielen noch vorhandenen Räumlichkeiten beweisen, m solche sehr ausgedehnt gewesen sein. Urkundlich ist darüber nichts bekannt und die Geschichte verschweigt die Namen der Erbauer, wie der Dränger, welche im Besitze der Raubburg wohl durch Befehdungen und Wegelagerungen schweres Unglück über Land und Leute brachten. Zur Ruine Kozlov hren mehrere Wege. Wir wählen den über Bukovina und Radec nach St. Anna, von da hinauf zu dem anmuthig gelegenen Jägerhause in Pohoi und dann durch die Allee über den „hohen Felsen" auf den nahen, isolirten Bergrücken, wo die Burg das Ziel der Wanderung liegt. Ungemein wohlthuend wirken auf Auge und Sinn das vieIfach wechselnde Panorama, bei jedem Ruhepunkte, jeder Wendung Neues bietend und als Lohn des erreichten Zieles die prachtvolle Fernsicht, welche bei klarem Wetter bis tief in die reich gesegneten Fluren des Leitmeritzer Kreises sehen läßt. Rüstige Fußgänger können mit diesem Ausflug auch noch einen Besuch der „Rabenfelsen" mit den wunderlichen Felsenkammern und den des Berges „der kleine Kelch" (kalíšek) verbinden. Hier und auf dem hohen Felsen standen am 27. Juni 1866 Hunderte von Neugierigen und sahen den Kämpfen bei Sichrov und Podol zu. Von Kozlov kommt man durch die sogenannten Stallungen in kaum zehn Minuten in das Dorf Podhaj bei Všen…

Wir haben uns also von Kazanow (Kacanovy) auf den Weg gemacht, um diese Burg zu erkunden. Man muss es gleich voraus schicken, so wie E.B. das Umfeld schildert, haben wir es nicht vorgefunden, denn der Felsenkamm um dem Kozlov ist heute bewaldet, so dass keine umfassenden Aussichten von den Felsen zu erwarten sind. Außerdem ist die von E.B. beschriebene Tour von Wartenberg (Sedmihorky) über Bukowina (vermutlich das Arboretum bei Waldstein) über St. Anna (Wiskersch) bis Kozlov und Všen schwer rekonstruierbar, und wenn schon, dann ganz schön anspruchsvoll für das 19. Jahrhundert. Zunächst geht es für uns recht unspektakulär durch frühlingshafte Landschaft dem Kozlow entgegen. Kurz vor Erreichen der Burganlage erscheint plötzlich der Aussichtspunkt Raisova vyhlídka mit Rastplatz, von dem sich eine spektakuläre Aussicht nach Norden mit Jeschkenkamm und Isergebirge bietet. Die blühenden Rapsfelder verstärken den Augenschmaus erheblich. Ein kurzes Stück weiter befinden wir uns plötzlich in einem beachtlichen Felslabyrinth, in welchem sich die ehemalige Burg mit Resten von Mauerwerk und einigen in den Fels gehauenen Räumen verbirgt. Unweigerlich ist man versucht, sich in die Verhältnisse zu versetzen, unter denen die ehemaligen Bewohner hier hausten. Es mag wohl Raubgesindel gewesen sein.
Weiter wandern wir nach Weschen (Všen) wo die sehenswerte Kirche der heiligen Philippus und Jakobus weithin sichtbar am Hang prangt, umgeben von einem sehr gepflegten Friedhof. Deutsche Gräber sind mir nicht aufgefallen, wir befinden uns hier an der Sprachgrenze. An den südlich ausgerichteten Hängen des Kozlov-Berges blüht wie wild der Ginster, dazu der blaue Himmel – es ist ein Fest der Farben. In den anliegenden Felspartien haben wir die Bösig-Aussicht ausgemacht. Über einen Trampelpfad erreichen wir den Felsen schnell, ersparen uns Umwege. Tatsächlich, das schmale Aussichtssegment ist direkt auf die Bösige (Bezdězy) ausgerichtet, allerdings sieht man nur einen Hügel des Doppelgipfels, der andere ist durch diesen verdeckt. Es ist ziemlich warm geworden. Ein Bierchen wäre nicht schlecht, wobei in dieser Region schwerlich aufzutreiben. Eine Eingebung lässt uns einen Schwenk nach Wolleschnitz (Olešnice) machen und was soll ich sagen? Aus dem Hospoda Olešnice reichen zwei überaus betriebsame Damen das köstliche Getränk nebst einfachen Speisen heraus und die Biergarnituren vor dem Kneipe sind gut belagert von Einheimischen, mitten in der Woche.
Es ist Zeit, den Rückweg nach Kazanow anzutreten. Wir haben einen Weg ausgesucht, der durch ein kleines Gebirgstal läuft, in dem sich die herrlichen Grundstücke von Skalany gruppieren. Der Ort gehört zu Wiskersch (Vyskeř). Wenn man gut aufpasst, kann man die auf einem Basalthügel thronende Kapelle der Hl. Anna in Wiskersch gut sehen.

Eigentlich könnte man nun eine Straße hinunter nach Kazanov nehmen, aber wir verordnen uns noch den Umweg hinauf zum alten, abgelegenen Fachwerkbauernhof Kopicův statek aus dem 18. Jahrhundert. Es ist eines der interessantesten Beispiele der Volksarchitektur des Isergebirgstyps. Ich habe hier noch nie jemanden angetroffen, aber das Gehöft hinterlässt einen sehr gepflegten Eindruck. In der Felsenschlucht, die zu dem Bauernhof hinauf führt, findet man (nach der tschechischen Wikipedia) 17 filigrane Reliefs, mit denen sich der frühere Eigentümer des Hofs Vojtěch Kopic hier verewigte. Heute würde man das wahrscheinlich als Frevel an der Landschaft geißeln, aber dieses Areal wird vom tschechischen Denkmalschutz seit 2017 als Schutzzone ausgewiesen.

Von hier geht es nun endlich bergab zurück nach Kazanow, das letzte Stück über eine herrliche Bergwiese. Der Weg endet genau am Friedhof des Ortes, wo wir unsere Fahrzeuge abgestellt haben.

Die GPS-Daten zu dieser Wanderung findet man hier.



Hübsches Restaurant und Fahrradtreff in Kazanow – Restaurant Králíček



Ausschau von der Raisova Aussicht




Die Reste der Burg Chlum-Kozlov








Felsen am Berg Kozlov







Kirche und Friedhof in Weschen






Der Frühling dreht voll auf












An der Bösig-Aussicht



Impressionen aus Wolleschnitz





Über Skalany thront die Kapelle der Hl. Anna in Wiskersch











Die Werke eines unbekannten Hobby-Bildhauers sind nicht zu verwechseln, mit den Felsreliefs von Vojtěch Kopic






Die Felsreliefs von Vojtěch Kopic








Das Gehöft Kopicův statek






 

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