Mittwoch, 16. November 2022

Wieder einmal zu Taubenhaus und Vogelkoppen

 Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Nachdem wir bereits in der Vorwoche eine Wanderung durch den Herbstwald des Isergebirges unternahmen, zieht es uns angesichts des herrlichen Wetters noch einmal dorthin, dieses mal an die Nordflanke des Gebirges. Die Ziele sind uns nicht unbekannt, es geht zu den Vogelkoppen (Ptači kupy) und zum Taubenhaus (Holubnik). Von Ferdinandsthal (Ferdinandov) aus treten wir die Wanderung durch das Tal der Weißen Stolpich (Malý [Bílý] Štolpich) an. Der Bach rauscht durch ein Tal, welches die Massive der Saustirn (Svinské čelo) und der Vogelkoppen trennt. Nach strammem Aufstieg erreichen wir die Magistrale, die um das Bergmassiv herum führt. Wir staunen nicht schlecht, als wir die Versorgungsstelle Hrebiniek erreichen. Abgesehen von versprengten Radfahrern sind wir die einzigen Personen, die sich zur Zeit an diesem Herbsttag hier aufhalten. Aber der gut ausgestattete Kiosk hat geöffnet. Das sollte man einmal in Deutschland erleben. Hier geht das eben. Der Kiosk wird von der Bergwacht betrieben und muss sich nicht selbst tragen. So funktioniert das mit einer entsprechenden Einstellung und motiviertem Personal. Ein Stück des Wegs weiter beginnt der Einstig zu den Vogelkoppen.

Mit zu den ursprünglichsten Teilen des Isergebirges gehört auch das Gebiet der Vogelkoppen. Ein Pirschsteiglein, nur dem Eingeweihten vertraut, führt uns durch ehrwürdigen alten Bestand zur Gruppe der Gipfelfelsen empor. Lediglich vom Taubenhause aus sind die Vogelkoppen leicht zu finden, indem man die Kammschneiße in westlicher Richtung weiter verfolgt. Hier oben umgibt den Wanderer die heilige Ruhe des Iserwaldes, in diesem Felsgeklüft, dieser Bergeinsamkeit ist ein wohlig Sein. Ist man genug herumgeturnt in diesem vom Hochwild wegen seiner Abgelegenheit besonders bevorzugten Waldgebiete und strebt dem eigentlichen Gipfelfelsen zu, so kann es wohl vorkommen, daß man an dem Verkehrten seine Kraft erprobt, denn mehrere hocken hier auf der Kammhöhe. Die beiden östlichsten, durch einen Engpaß, den sogenannten Paß Lueg, von einander getrennt, liegen 1017m hoch und heißen die großen Vogelkoppen, die entfernteren, am Rande des Abhanges gegen die Kleine Stolpich zu gelegenen, die kleinen Vogelkoppen. Es sind gewaltige Granitfelsen, deren Flächen mit Moos, Strauchwerk und selbst Bäumen bedeckt sind. Der Ausblick von dem eigentlichen Gipfelfelsen lohnt reichlich die Mühen des Aufstieges; er ist bezaubernd schön.“ (Josef A. Leubner, „Die Marterln im Isergebirge“)

Man muss ein wenig klettern, um auf die Vogelkoppen hinauf zu kommen, dies wird aber durch Aufstiegshilfen unterstützt. Eine herrliche Rundsicht ist dort oben dem Wanderer beschieden. Durch eine moorige Senke führt der Weg weiter zu dem etwas höher gelegenen Taubenhaus.

Den merkwürdigen Namen dieses Berges leitet man von einer mit einem taubenhausähnlichen Gehäuse versehenen Signalstange ab, die hier im Jahre 1813 gestanden haben soll. Der Gipfel des Berges ist eine 8 m hohe Granitmasse. Sie zeigt uns mehrere eigenartige Aushöhlungen, die man Opferschalen nennt. Früher war es allgemeine Annahme und auch jetzt noch glaubt man verschiedentlich, daß sie von Menschenhänden herrühren und einstmals den Heiden zu Opferzwecken gedient haben. Wie die geologische Wissenschaft jedoch unwiderlegbar feststellen konnte, sind sie nichts anderes denn Gebilde, die durch die ausnagende Tätigkeit des Wassers, des Frostes und der Luft entstanden. Die Zahl der bisher bekanntgewordenen sogenannten Opferschalen im Isergebirge beläuft sich auf mehr als achtzig. Zu den bemerkenswertesten Stätten, an denen man sie findet, gehören außer dem Taubenhaus der südwestlich vom Wittighaus gelegene Siechhübel und der Schwarze Berg bei Christiansthal. Großartig ist die Rundschau, die uns das Taubenhaus auf seiner Höhe gewährt. Im Osten und Südosten dringt unser Blick bis zu dem mächtigen Riesengebirgswall vor. Im Süden zeigt sich uns ein schier unübersehbares Wäldergebiet, aus dem der Trosky emporragt. Die Landschaft, die sich uns in südwestlicher Richtung darbietet, wird durch den stolzen Jeschken begrenzt. Fern im Westen begrüßen wir die Lausche, das Zittauer Hinterland und zuletzt die Sächsische Schweiz. Aus dem nordwestlichen Hintergrunde winkt, nur schwach sichtbar, die Landeskrone herüber, und bei der Wendung nach Norden und Nordosten tut sich uns hinter der Isergebirgswelt groß die schlesische Niederung aus.“ (Wilhelm Müller-Rüdersdorf, „Das Isergebirge und sein schlesisches Vorland“)

Keine Frage, der Ausblick vom Taubenhaus ist dem von den Vogelkoppen mehr als ebenbürtig. Freundlicherweise finden sich am Gipfelfels zahlreiche geschützte Nischen um den Fels, in denen es sich wunderbar in der Sonne rasten lässt. Und dann tritt die Bergwacht wieder in Erscheinung. Ein Ranger in Begleitung eines Vierbeiners dreht seine Runde, um zu sehen, ob alles seine gute Ordnung hat. Gleiches erlebten wir früher einmal am Siechhübel (Jizera). Man kümmert sich eben um die Natur und die Sicherheit ihrer Besucher.

Der gewählte Rückweg ist einfach in Vergleich zu den steilen Anstiegen zu den Vogelkoppen. Der Kiosk am Hrebinek ist immer noch geöffnet (welch ein Glück). Direkt an der Wegekreuzung beginnt ein gut ausgebauter Weg, der auf der anderen Seite des Kleinen Stolpich Baches durch schönen Buchenwald wieder hinunter nach Ferdinandsthal führt. Er ist gesäumt von beachtlichen Granitfelsen und trifft im unteren Abschnitt auf den bekannteren Großen Stolpich Bach (Černý [Velký] Štolpich). Stellenweise bietet sich ein Ausblick auf den in der Abendsonne liegenden Nussstein (Ořešník), der sogleich die Begehrlichkeit für eine weitere Unternehmung weckt.


Die GPS-Daten zu diesem Track findet man hier.


Aufstieg durch das Tal der Weißen Stolpich , durch welches der Neue Pilgerweg nach Haindorf verläuft








Aufstieg zu den Vogelkoppen








Unterwegs zwischen Vogelkoppen und Taubenhaus










Am Gipfel des Taubenhaus










 Rückweg nach Ferdinandsthal mit Blick zum Nussstein







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