Freitag, 22. August 2025

Wanderung zu den Schneetürmchen

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Eine Wanderung zu den Schneetürmchen (Sněžné věžičky) steht schon lange auf dem Wunschzettel. Frage: welchen Pfad wählt man am besten dahin, denn der Schwarze Berg (Černá hora), auf dem die Felsgruppe beheimatet ist, liegt im zentralen Teil des Isergebirges, so dass die Wegstrecke dahin doch etwas länger sein kann. Ausgangspunkte könnten sein das Wittighaus (Směda) (da liegt der verlockende Siechhübel (Jizera) am Weg), Ferdinandstal (Ferdinandov) (sicher die landschaftlich reizvollste Variante entlang der Weißen Stolpich (Bílý Štolpich) mit Vogelkoppen (Ptačí kupy) und Taubenhaus (Holubnik) im Gepäck – sehr anspruchsvoll also) oder Josefstal (Josefův Důl) eben, wovon wir heute Gebrauch machen.

Hier an der Südseite des Gebirges stürzen wasserreiche Bergbäche zu Tal, wie wir schon gesehen haben, z.B. das Tannwasser (Jedlova) oder die Schwarze Desse (Černá Desná). Ein weiterer Bach, der am Fuße des Schwarzen Berges entspringt, ist das Bergwasser (Hluboký potok). Es kommt dann schon mal aus der richtigen Richtung. Also wählen wir einen unmarkierten Steig entlang des Baches zum Aufstieg.

Im Vergleich zu Tannwasser und Schwarzer Desse kommt das Bergwasser ziemlich gemütlich den Berg herab geronnen, also ohne spektakuläre Wasserfälle - eher idyllisch mäandert es durch den Iserwald mit mehr oder weniger Gefälle. An manchen Stellen ist der Pfad ziemlich moorig und vermittelt einen Vorgeschmack auf die Verhältnisse am Schwarzen Berg. Etwas haben wir bei der Planung unterschätzt: es gibt massenweise Pilze hochwertigster Art, wodurch die die Wanderfreunde ziemlich aufgehalten werden.

Bevor der Einstieg zu dem mit dem Taubenhaus verschwisterten Schwarzen Berg erfolgt, muss man, wohl oder übel, ein ganzes Stück asphaltierten Forstweg in Kauf nehmen. Das Gleiche wiederholt sich nach dem Abstieg auf der anderen Seite des Berges. Aus forstwirtschaftlicher Sicht mag das sinnvoll sein, die Ursprünglichkeit des Gebirges ging dadurch an vielen Stellen jedoch verloren. Um solches zu erleben, muss man die Forstwege verlassen und in Zonen gehen, die der Mensch bisher verschont hat, z.B. auf dem Schwarzen Berg. Die Christkindlwiese (Vánoční louka) - ein Hochmoor - breitet sich großflächig auf seinem Kamm aus, so dass man den Pfad nicht verlassen sollte, zumal es ein geschütztes Gebiet ist. Hier befinden sich unsere heutigen Wanderziele: die zauberhaften Schneetürmchen sowie der Teufelssitz (Čertův odpočinek). Die Schneetürmchen gelten manchem als das schönste Felsgebilde des Isergebirges, obwohl heute die Aussicht durch den umgebenden Wald eingeschränkt wird. „Die Schneetürmchen bestehen aus einer Vielzahl verschiedener Felsformationen – Felstürmen, isolierten Felsen, Felswänden und Felsblöcken. Das Herzstück der Schneetürme bilden drei bis zu 10 Meter hohe Felstürme. Der niedrigste der Türme hat an seiner Spitze eine kleine Aussichtsplattform, die durch ein Geländer gesichert ist, und der Aufstieg wird durch eiserne Trittstufen erleichtert; von hier aus hat man einen guten Blick auf den malerischsten Turm der Gruppe, den Schneekopf, der mit einem Felspilz endet.“ (mapy.cz)

Hinweise zu den Schneetürmchen findet man in der Literatur kaum, so dass wir vermuten, dass sie die Pioniere des Felskletterns früher noch gar nicht gekannt haben. Erst Siegfried Weiss beschreibt die Schneetürmchen als märchenhaft und bekennt sich dazu, dass er in sie verliebt war. Das war aber erst viel später. Auf einem der Felsen gab es in den 1960-er Jahren sogar noch eine Hütte, was man sich gar nicht mehr vorstellen kann (siehe Bildteil).

Anders ist es mit dem Teufelssitz am anderen Ende des Schwarzen Berges. Von ihm weiß man wenigstens, wie er entstanden ist, ein

etwa zweieinhalb Meter aufragender Granitstuhl, den er an seinem Hange trägt, heißt der Teufelssitz, Eine Anzahl Opferschalen bedecken ihn. Die ansehnlichste derselben hat etwa dreißig Zentimeter Tiefe und fünfzig Zentimeter im Durchmesser. In ihr hat, wie die Volksmär weiß, einstmals der Teufel gesessen und geruht. Schabernacklustige Kobolde aber zerrten ihm an seinem hinter dem Felsen herabbaumelnden Schweif. Dadurch, daß er grimmig um sich schlug, entstanden die anderen etwa faustgroßen Vertiefungen im Gestein.“ („Das Riesen- und Isergebirge. Ein schlesisch-böhmisches Heimatbuch“, Wilhelm Müller-Rüdersdorf“).

Wie von den Schneetürmchen bot sich früher vom Teufelssitz auch ein schöner Blick entlang der sogenannten Fernrohrschneise in südwestlicher Richtung hin zum Jeschkenkamm. Auch diese Aussicht ist durch aufgeschossenen Wald arg eingeschränkt. Für eine längere Rast lädt der lauschige Teufelssitz jedoch geradezu ein. Gestärkt verlassen wir den Schwarzen Berg nach Norden hin über einen mit Holzbohlen gesicherten Pfad durch das Moor und erreichen alsbald die bereits erwähnte unbequeme Asphaltpiste.

Nach Christianstal hinab zieht der Weg nicht lange. Die prächtigen Waldhallen, die sich öffnen, machen die Fahrt noch kurzweiliger. Da die Bäume hier, wie in vielen Revieren des riesigen Waldbereiches, nicht so dicht gesetzt sind, haben sie ihre grünenden Unterzweige behalten. Ihr volles Gekrause verleiht den böhmischen Iserwäldern einen besonders üppigen, hoch romantischen Ausdruck. Die Felstrümmer, die allenthalben über die Hänge und Lehnen gewürfelt sind, verstärken den zauberischen Bann, den sie ausüben.

Dicht an der Waldstraße sind die braungrauen Rollen losgeschälter Fichtenrinde aufgeschichtet. Ihr würziges Aroma verströmend, trocknen sie in der warmen Vorherbstsonne, um bald der Lohmühle zugeführt zu werden.

Und nun grüßen wir Christianstal, die winzige Siedlung. Menschenscheu und verträumt lagert sie auf einer hügeligen Hochwiese, ganz in verschwiegenste Wälder hineinlauschend. Eine wundersame, seltene Stilreinheit zeichnet ihren schlichten Häuschenkranz aus. Sanftgraue Dächer decken die Hütten. Wo Schiefer die trauliche Schindelaufreihung ersetzt, wahrt auch er den gleichen beruhigenden Farbenton und die freundlichen, vorzeitartigen Blockwände der hochdachigen Christianstaler Häuslein! Sie verdoppeln das Wohlgefallen, das Christianstal, das abseitig geflüchtete Waldmägdlein, findet. Sein Dasein verdankt der Ort dem Glashüttenbesitzer Iohann Leopold Riedel, an dessen Zweck noch das größte der Gebäude erinnert. Für die Winterwanderungen ins höhere Gebirge der böhmischen Seite ist Christianstal ein bevorzugter Ausgangspunkt.“ (Wilhelm Müller-Rüdersdorf, siehe oben)

Auf dem kleinen romantischen Waldfriedhof in Christiantal ruhen die Gebeine der Glasmacherfamilie Riedel. Viel ist von der ehemaligen Glasmachersiedlung nicht übrig geblieben, die Glashütte – und wohl noch umliegende Gebäude - brannte 1887 ab (siehe hier). Wenigstens aber die sogenannte Fuchsbaude, die an schönen Tagen wie heute uns dankbaren Wanderern Erfrischendes anzubieten hat, blieb erhalten. Abwärts geht es dann bis zur Josefstaler Talsperre. Von hier führt ein unmarkierter Pfad entlang des rauschenden Kamnitzbaches (Kamenice) zurück nach Josefstal.

Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.



Am Bergwasser hinauf zum Schwarzen Berg, reichlich Pilze behindern das Vorwärtskommen





















Das erste Ziel ist erreicht, die Schneetürmchen (in der Folge auch ein paar ältere Winteraufnahmen)












Die Aufnahme aus den 1960-er Jahren fotografierte Siegfried Weiß. Es zeigt eine Hütte, die auf einem der Felsen stand


Der Weg über die Christkindlwiese führt durch Moor und ist streckenweise durch Bohlen gesichert









   Beim Teufelssitz mit ein paar alten Winteraufnahmen

















Der Waldfriedhof in Christianstal




Die Fuchsbaude




Uralte Ansichten von Christanstal vor dem Brand 1887




Die Josefstaler Talsperre




Abwärts nach Josefstal entlang des Kamnitzbaches



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