Das Teilgebiet der astronomischen Forschung, welches sich
mit der Entstehung und Entwicklung der Himmelskörper beschäftigt, ist die
Kosmogonie. Es ist jedoch auch üblich, mythische Vorstellungen über die
Entstehung der Welt, der Menschen, Pflanzen und Tiere, als „Kosmogonien“ (oder "Kosmologien") zu
bezeichnen. Im Abendland wurde über Jahrhunderte hinweg die
Schöpfungsgeschichte, wie sie im ersten Buch Mose des Alten Testaments
aufgeschrieben ist (Genesis), als
plausible und nicht zu hinterfragende „Kosmogonie“ anerkannt. Andere Völker und
andere Zeiten hatten andere Kosmogonien. Darunter sind, vom literarischen
Standpunkt aus betrachtet, ganz wunderbare Geschichten, wie z.B. der auf 7 Tontafeln
niedergeschriebene babylonische Schöpfungsmythos Enuma elisch. Er kam bei der berühmten Ausgrabung des Palastes des
neu-assyrischen Königs Assurbanipal (so wie die
berühmte „Noah-Erzählung“ des Gilgamesch-Epos) ans Tageslicht. Fast allen
Schöpfungsmythen oder „Kosmologien“ ist gemeinsam, das sie überwiegend
theistisch sind, meist sehr allgemeine Aussagen treffen und von irgendwelchen,
mit wissenschaftlichen Methoden kaum zu fassenden Voraussetzungen ausgehen.
Ihnen fehlt einfach das, was wir heute unter dem Begriff der „Wissenschaftlichkeit“
verstehen. Deshalb beschäftigen sich nicht Astronomen, sonder in erster Linie
Theologen, Philologen und Historiker mit ihnen.
Der erste wirklich ernstzunehmende Versuch (die Anfänge, die
mit Rene‘ Descartes (1596-1650), Wirbeltheorie von
1630, begannen, einmal ausgenommen), die Entstehung des Sonnensystems auf einer
streng naturwissenschaftlichen Grundlage zu erklären, geht auf eine Schrift des
berühmten Königsberger Philosophen Immanuel Kant
(1724-1804) zurück. In seinem Frühwerk „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie
des Himmels“ (erschienen 1755) entwickelt er ein qualitatives Bild der
Planetenentstehung, das in manchen Details überaus modern anmutet. Er erkannte
z.B. – um es einmal in heutiger Terminologie auszudrücken – die Bedeutung der
Akkretion in Bezug auf das Wachstum zukünftiger Planeten aus kleinen
„Planetenkeimen“. Ausgangspunkt für Kant‘s Überlegungen waren insbesondere die
ihm bekannte, zuvor von Rene‘ Descartes (1596-1650)
und Georges-Louis Leclerc de Buffon (1707-1788)
entwickelte Idee, daß unser Sonnensystem auf völlig natürlichem Wege – wie auch
immer – entstanden ist und daß dieser Prozeß auch anderswo in unserer
„Welteninsel“ stattfinden kann und stattgefunden hat. Er löste sich dabei von
den in der damaligen Zeit sehr populären Katastrophentheorien (die in Bezug auf
geologische Prozesse besonders von Georges Cuvier
(1769-1832) erfolgreich propagiert wurden) und entwickelte völlig ohne
Mathematik, aber mit durchaus profunden Kenntnissen der Newton’schen Mechanik
eine graduelle Entwicklungstheorie des Planetensystems. Das philosophisch
eigentlich Interessante ist dabei, daß Kant für diese Theorie einen völlig
materialistischen Ansatz wählte, in dem er entgegen dem Zeitgeist völlig auf
einen göttlichen Schöpfungsakt verzichtet hat.
Ähnliches hatte zuvor zwar auch schon der britische Astronom Thomas Wright (1711-1786) bezüglich der Milchstraße
geäußert, in dem er in seiner Schrift „An
original theory or new hypothesis of the Universe“ von 1750 die
abgeplattete Form der Milchstraße durch eine den newtonschen Gesetzen
unterworfene rotierende Sternscheibe erklärte. Wahrscheinlich war diese Schrift
Immanual Kant zur Zeit der Abfassung seiner
„Allgemeinen Naturgeschichte“ bekannt.
Unabhängig von Kant hat sich auch Pierre-Simon
de Laplace (1749-1827), der kurzzeitig Minister unter Napoleon Bonaparte (1769-1821) war, mit diesem Themenkreis beschäftigt. In seiner
„Exposition du Syste`me du Monde“
entwickelte er Vorstellungen, nach der sich die Planeten aus sich ablösenden
Ringen der Sonnenatmosphäre gebildet haben, während Kant von selbständig wachsenden
Verdichtungen in einem „Urnebel“ ausging. Die progressiven Ideen beider Autoren
wurden später zusammen mit weiteren Detailverbesserungen zur „Kant-Laplaceschen
Nebularhypothese“ zusammengefaßt. Sie bildete die Grundlage zu weiteren
Forschungen, die über viele Zwischenstufe zur heutigen modernen
Planetenkosmogonie führte.
Mit der Entdeckung des Planeten Uranus und der ersten
kleinen Planeten begannen sich auch einige Astronomen zu Beginn des 19.
Jahrhunderts (darunter z.B. Wilhelm Olbers
(1758-1840) in Bremen) für die Entstehung des Sonnensystems zu interessieren,
wobei für ihre Überlegungen und Kritikpunkte insbesondere die de Laplace’sche
Theorie als Grundlage diente (Kant’s Frühwerk war weitgehend unbekannt
geblieben). Es ist zu diesem Themenbereich ein umfangreicher Briefwechsel, z.B.
zwischen Olbers und Carl Friedrich Gauß (1777-1855),
aber auch mit Franz Xaver von Zach (1754-1832) und
später auch Alexander von Humboldt (1769-1859),
erhalten geblieben, wo das Für und noch mehr das Wider der de Laplace‘schen
Planetenkosmogonie diskutiert wird. Einig war man sich aber offensichtlich in
der Annahme, daß das Sonnensystem auf eine natürliche, auf
Naturgesetzlichkeiten beruhende Weise entstanden ist. So schreibt Humboldt in
seinem berühmten Werk „Kosmos“ (erschienen zwischen 1845-1862):
„Haben sich die
Planeten aus einzelnen um die Sonne kreisenden Ringen dunstförmiger Stoffe
gebildet, so können die verschiedene Dicke, die ungleichförmige Dichtigkeit,
die Temperatur und die elektromagnetische Spannung dieser Ringe zu den
verschiedensten Gestaltungen der geballten Materie, wie das Maß der Wurfgeschwindigkeit
und kleine Abänderungen in der Richtung des Wurfes zu den mannigfaltigsten
Formen und Neigungen der elliptischen Bahnen Anlaß gegeben haben. Massenanziehung
und Gravitationskräfte haben gewiß hier, wie in den geognostischen
Verhältnissen der Kontinentalerhebungen, gewirkt; aber aus der gegenwärtigen
Form der Dinge ist nicht auf die ganze Reihe der Zustände zu schließen, welche
sie bis zu ihrer Entstehung durchlaufen haben. Selbst das sogenannte Gesetz der
Abstände der Planeten von der Sonne, die Progression, aus deren fehlendem
Gliede schon Kepler die Existenz eines die Lücke ausfüllenden Planeten zwischen
Mars und Jupiter ahnte, ist als numerisch ungenau für die Distanzen zwischen
Merkur, Venus und Erde, und, wegen des supponierten ersten Gliedes, als gegen
die Begriffe einer Reihe streitend befunden worden.“
Es scheint, daß Humboldt – wie eine Vielzahl anderer
Gelehrter – von einer natürlichen Entstehungsgeschichte der Planeten überzeugt
war (und zwar gemäß der de Laplace’schen Theorie), aber davon ausging, daß eine
„Rückverfolgung“ zu den Anfängen wahrscheinlich prinzipiell nicht möglich ist,
einfach, weil sich die „Zwischenstufen“ im heutigen Zustand des Sonnensystems
nicht konserviert haben. Diesen „Informationsverlust“ versucht man heute durch
Entwicklungsmodelle wettzumachen, was mittels Computern auch immer besser
gelingt.
Interessanterweise spielt die Kant’sche Sichtweise in der
Planetenkosmogonie des 19. und angehenden 20. Jahrhunderts nur eine bescheidene
Rolle – wohl auch, weil Kant von der Gemeinde der Astronomen – im Gegensatz zu Pierre-Simon de Laplace – als „fachfremd“ angesehen wurde.
Trotzdem ist es erstaunlich, wie lange sich die Theorie der sich von der
Ursonne ablösenden Materieringe halten konnte, denn sie erhielt genaugenommen bereits
im Jahre 1861 ihren Todesstoß. Jacques Babinet (1794-1872) zeigte anhand der
Drehimpulsverteilung im Sonnensystem, daß die de Laplace’sche Theorie
keinesfalls stimmen konnte. Dieses „Drehimpulsproblem“ (nur 0.5% des
Drehimpulses des Sonnensystems entfallen auf die Rotation der Sonne) ist auch
heute noch eine Herausforderung jeder kosmogonischen Theorie der
Planetenentstehung.
Später wurden weitere Punkte herausgearbeitet, die im Widerspruch
zu de Laplace stehen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mußte
genaugenommen diese Theorie aufgegeben werden, ohne daß eine vernünftige
Alternative in Sicht war. Es gab zwar Versuche, Teilprobleme zu lösen. Diese
betrafen u.a. die Bildung von planetaren Körpern durch lokale Massenakkretion
innerhalb einer Staubscheibe (z.B. Modell nach Thomas
Chrowder Chamberlin (1843-1928) und Forest Ray
Moulton (1872-1952), veröffentlicht 1905). Hier ist es vielleicht einmal
interessant, aus Svante Arrhenius (1859-1927) Buch
„Die Sternenwelt“ Teil 2 (1931) zu zitieren:
„Chamberlin und
Moulton haben gezeigt, daß die Schwierigkeiten der Kant-Laplaceschen Hypothese
durch die Annahme beseitigt werden, daß das Sonnensystem aus einem Spiralnebel
entstanden ist, in den fremde Körper eingewandert sind und Nebelstoff um sich
gesammelt haben (Planetesimalen). Diese Theorie wird aber durch die neueren
Untersuchungen der Spiralnebel nicht gestützt. Kein solcher Nebel ist so klein,
daß sich ein Sonnensystem aus ihm entwickeln könnte. Vielleicht bilden sich in
den Spiralnebeln Sonnen in großem
Maßstab, in analoger Weise, wie es sich die genannten Forscher von den Planeten
gedacht haben. Dagegen hat man vielleicht eine schwache Möglichkeit in der
Spiralform einiger weniger planetarischer Nebel eine Stütze der Planetesimaltheorie
zu sehen. Das wahrscheinlichste ist aber, daß das Planetensystem in anderer
Weise entstanden ist, als wie diese Theorie voraussetzt.“
Man muß bei diesem Zitat natürlich darüber hinwegsehen, daß
um 1905 noch nicht bekannt bzw. bewiesen war, daß es sich bei den zahlreichen
„Spiralnebeln“ um ferne „Welteninseln“ handelt. Es wird aber der wichtige
Begriff des Planetesimals eingeführt, welcher Bestand hat. Und auch der Satz,
nachdem sich in „Spiralnebeln“ Sonnen in großem Maßstab bilden, kann durchaus
als eine richtige Vorahnung bewertet werden.
Als „Intermezzo“ sollen noch zwei weitere Hypothesen, die seinerzeit
durchaus populär waren, zumindest erwähnt werden. Das ist einmal die sogenannte
„fission theory“, nach der sich von extrem
schnell rotierenden Sternen zwar keine Materieringe, aber dafür
„Materieklumpen“ ablösen sollten (auf diese Weise wollte man z.B. die
Entstehung von Doppelsternen oder gar des Erdmondes erklären). Der Mathematiker
Elie Joseph Cartan (1869-1951) konnte jedoch 1924
zeigen, daß dies nicht möglich ist. Eine weitere Theorie stammt von James Hopwood Jeans (1877-1946). Er hatte die
bemerkenswerte Idee, daß sich die Planeten aus einem riesigen Materiefilament
gebildet haben, welches gravitativ von einem nahe an der Sonne vorbeigehenden
Stern herausgerissen worden ist. Heute kennen wir viele Gründe, warum so etwas
nicht funktionieren würde.
In den 40ziger und 50ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts haben
einige Wissenschaftler neue Ideen in das Gebiet der Planetenkosmogonie
eingebracht. Zu nennen ist hier z.B. Carl Friedrich von
Weizsäcker (1912-2007), der 1943 versuchte, das Drehimpulsproblem durch
turbulente Prozesse in einer protoplanetarischen Gasscheibe zu lösen. Eine
umfassende mathematische Ausarbeitung erfolgte 1950 in Zusammenarbeit mit dem
Astrophysiker Reimar Lüst. Die dabei erzielten
Ergebnisse haben moderne Planetenkosmogonien in vielerlei Hinsicht stark
befruchtet.
Das Wachstum von Planetsimale in einer protoplanetaren Scheibe
wurde erstmalig im Detail durch den sowjetischen Astrophysiker Viktor Sergeevich Safronov (1917-1999) theoretisch untersucht.
Er griff dabei auf Ideen des berühmten sowjetischen Geophysikers Otto Schmidt (1891-1956) zurück, der sich ungefähr ab 1940
intensiv mit kosmogonischen Fragen beschäftigt hat.
Aspekte aus dem sich stürmisch entwickelnden Gebiet der Plasmaphysik
wurde ab 1975 durch den schwedischen Physiker und Nobelpreisträger 1970, Hannes
Alven (1908-1995) in die Theorie der Planetenentstehung übernommen. Obwohl sich
seine Überlegungen im Nachhinein meist als nicht tragfähig erwiesen haben, so zeigte
sich doch, daß hydrodynamische und magnetohydrodynamische Prozesse in
protoplanetaren Scheiben bei deren Strukturierung eine große und damit nicht zu
vernachlässigende Rolle spielen.
Zum Schluß soll noch das sogenannte Cameron-Modell (eigentlich
ein ganzer Satz verschiedener Modelle) erwähnt werden, welches auf
Computerrechnungen beruht und den gravitativen Kollaps einer Gas- und
Staubwolke um einen sich bildenden Stern oder einem „Planetenkeim“ beschreibt.
Eine wissenschaftliche Kosmogonie unseres Sonnensystems
(oder eines Planetensystems ganz allgemein) muß aus dem Zustand, wie er sich
uns heute darbietet, auf die Entwicklungsgeschichte bis hinunter zu den ersten
Anfängen schließen lassen. Die Schwierigkeit besteht dabei darin, daß genügend
komplexe Systeme im Laufe ihrer Entwicklung ihre Vergangenheit quasi „vergessen“
können, d.h. sie enthalten immanent in
ihrem heutigen Zustand so gut wie keine brauchbaren Informationen mehr, die
kausal aus der Zeit ihrer Bildung herstammen. Bei den erdähnlichen Planeten
handelt es sich offensichtlich um Himmelskörper, die in ihrer Frühgeschichte
einmal vollständig aufgeschmolzen waren. Ihre chemischen Bestandteile haben
sich entsprechende ihrer Dichte getrennt und bilden heute die deutlich
unterscheidbaren Schichten Kern, Mantel und Kruste. Aus diesem differenzierten
(mineralogischen) Aufbau lassen sich keine (oder höchstens nur sehr wenige)
Schlüsse mehr ziehen über den „Stoff“, aus dem diese Planeten vor ihrer
Aufschmelzung einmal entstanden sind. Man kennt aber z.B. Meteorite, denen
dieses Schicksal erspart geblieben ist (z.B. Chondrite). Anhand ihres Aufbaus
und ihrer Zusammensetzung kann man deshalb viel besser auf die physikalischen
Bedingungen zur Zeit der Planetenentstehung schließen als aus dem heutigen
Erscheinungsbild eines Planeten wie z.B. der Erde. Aus diesem Grund ist die
wissenschaftliche Untersuchung von meteoritischem Material eine besonders wichtige
empirische Informationsquelle in der Kosmogonie unseres Planetensystems. Diese
Informationen haben aber nur dann Wert, wenn sie im Kontext von
Modellvorstellungen, die auf bekannten Naturgesetzlichkeiten beruhen,
betrachtet werden. Oder anders ausgedrückt. Eine erfolgversprechende Methode
besteht darin, plausible, mit Beobachtungstatsachen in Einklang stehende
Anfangsbedingungen zu postulieren (z.B.
anhand von Aufbau und Struktur galaktischer Molekülwolken), aus denen man
versucht, durch mathematische Modellierung eine Ereignisabfolge zu
rekonstruieren, deren Zwischenergebnisse wiederum mit Beobachtungsergebnissen
verglichen werden können (z.B. Aufbau chondritischen Materials, Struktur und
Eigenschaften zirkumstellarer Staubhüllen, heutige Struktur unseres und anderer
Planetensysteme). Diese Herangehensweise wird im Allgemeinen als „deduktiv“
bezeichnet und wird in der kosmogonischen Forschung fast ausschließlich
angewendet.
Eine andere, aber bedeutend schwierigere Methode besteht darin,
aus dem heutigen Zustand heraus quasi „zurückzurechnen“, um so an Informationen
über den Anfangszustand zu kommen.
Dieser als „Aktualismus“ bezeichnete Weg ist aber in der Praxis nur schwer
begehbar, da – wie bereits erwähnt – im Laufe der Entwicklungsgeschichte immer
nur Bruchstücke von Informationen über den vorhergehenden Zustand weitergegeben
werden. Trotzdem lassen sich auf diese Weise wertvolle Erkenntnisse gewinnen,
die sich wiederum zur Prüfung deduktiver Modelle eignen.
Das Hauptproblem der Kosmogonie des Sonnensystems besteht
also darin, für einen faktischen Endzustand (wie er sich uns heute darstellt)
einen Anfangszustand zu rekonstruieren
und – was das eigentliche Problem ausmacht – zu zeigen, wie daraus über kausal
aufeinanderfolgende Zwischenstufen letztendlich wieder – und zwar möglichst
zwangsläufig - der Endzustand folgt. Zur Lösung dieses Problems werden
mathematische Modelle entwickelt, die auf der Grundlage eines plausiblen und
auch durch Analogiebetrachtungen gestützten Paradigmas diese Ereignisabfolgen
zu berechnen gestatten. Das Paradigma besteht dabei darin, daß man davon
ausgeht, daß sowohl die Sonne als auch die Planeten (sowie alle anderen Körper
des Sonnensystems) gemeinsam im Prozeß der Sternentstehung aufgrund des
Gravitationskollapses einer instabil
gewordenen kühlen Gas- und Staubwolke entstanden sind. Dieses Paradigma wird
u.a. durch folgende Beobachtungen gestützt:
·
Kühle Molekülwolken sind im Rahmen des
kosmischen „Materiekreislaufs“ Ausgangspunkte für die Sternentstehung
·
Beim Gravitationskollaps entstehen Protosterne,
die von einer dichten Gas- und Staubhülle umgeben sind. Diese zirkumstellaren
Staubscheiben können in Sternentstehungsgebieten (z.B. im Orion-Komplex) auch
direkt beobachtet werden
·
In Form von primitivem meteoritischen Materials
haben Proben aus dem solaren Nebel bis heute überdauert. Aus ihnen lassen sich
durch Laboruntersuchungen die Entstehungsbedingungen rekonstruieren.
·
Bei einer ganzen Anzahl von Sternen konnten
Planeten nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, daß planetare Körper ein
gewöhnliches Nebenprodukt der Sternentstehung sind. (siehe Blogreihe "
Exoplaneten")
Weiterhin orientieren sich viele Modellvorstellungen nicht
unbedingt an der Aufgabe, die Entstehung eines x-beliebigen Planetensystems zu
erklären (obwohl eine allgemeine Theorie wünschenswert ist), sondern sie widmen
sich vielmehr der Frage, wie gerade unser eigenes Sonnensystem entstanden ist.
Das ist auch legitim, da nur am Beispiel des Sonnensystems die Qualität eines
Modells in der Konfrontation mit den Beobachtungsergebnissen realistisch
beurteilt werden kann. Beobachtungen an zirkumstellaren (oder protoplanetaren)
Scheiben, wie sie z.B. durch weltraumgestützte Teleskope immer besser
gelingen, bieten darüber hinaus weitere Möglichkeiten, kosmogonische Modelle an
der Realität zu überprüfen.
Eine erfolgreiche Theorie der Planetenentstehung sollte im
Fall unseres Sonnensystems u.a. eine Erklärung für folgende „Fakten“ liefern:
· Die Sonne enthält rund das 750 fache der Masse
des Sonnensystems abzüglich der Sonnenmasse (
kg). Das sind
mehr als 99.9% der Gesamtmasse.
· Die Planeten tragen zusammen mehr als das
200-fache des Eigendrehimpulses der Sonne
·
Die Richtung des Eigendrehimpulses der Sonne
(Rotationsachse) ist um ~6° gegenüber der Normalen der mittleren Bahnebene
aller Planeten geneigt.
· Alle Himmelskörper mit Ausnahme der Kometen
haben näherungsweise coplanare Bahnen, die zumeist eine geringe Exzentrizität
aufweisen und die gleiche Drehrichtung haben wie die Drehrichtung der Sonnenrotation (prograde
Bewegung)
· Die meisten Planeten besitzen eine
Rotationsachse, die annähernd senkrecht auf der Bahnebene steht
· Es gibt eine klare Trennung zwischen
erdähnlichen und jupiterähnlichen Planeten sowie den größeren Kuiper-Objekten
· Die terrestrischen (inneren) Planeten sind an
volatilen Elementen verarmt während die äußeren (Gas-) Planeten eine
Elementezusammensetzung aufweisen, die in etwa dem der Sonne entspricht.
· Es existieren verschiedene Typen undifferenzierter
Meteorite aus der Zeit der Planetenentstehung. Ihr mineralogischer Aufbau, ihre
Struktur und die daraus ableitbare thermische Geschichte sind zu reproduzieren.
· Die ältesten, im solaren Nebel gebildeten
Minerale, sind ca. 4.56 Milliarden Jahre alt.
Diese Vorgehensweise hat aber auch ihre Schwierigkeiten. Was
im Sonnensystem im Rahmen einer kosmogonischen Theorie als „logisch“ erscheinen
mag – z.B. daß auf die erdähnlichen „Gesteinsplaneten“ die Gasplaneten und
zuletzt die Kuiper-Objekte aus mehrheitlich
gefrorenen Eis folgen – muß so nicht allgemeingültig sein. Eine große Zahl der
bei anderen Sternen entdeckten Planeten (hauptsächlich Gasplaneten der
„Jupiterklasse“) hält sich offensichtlich nicht an diese „Regel“. Hier muß
plausibel erklärt werden (z.B. durch Migrationsprozesse), wie z.B. jupiters in extrem sternnahe Bahnen
gelangen können.
Auch ist es eine Tatsache, daß die in unserem Sonnensystem
weitgehend eingehaltene „Regel“, daß Planetenbahnen nur eine geringe
Exzentrizität haben (d.h. weitgehend kreisförmig sind), bei extrasolaren
Planetensystemen offensichtlich so nicht immer gilt. Warum das so ist, muß
natürlich auch eine Theorie der Planetenentstehung zu erklären versuchen.
Vielleicht stellt in dieser Beziehung der strukturelle Aufbau unseres eigenen
Planetensystems eher eine Ausnahme als die Regel dar, wie gelegentlich
angemerkt wird.
Nicht nur in Bezug auf Details der Planetenentstehung sind noch viele Probleme zu lösen und
Kontroversen auszudiskutieren. Zu nennen
ist in diesem Zusammenhang z.B. die noch unbeantwortete Frage, ob sich
unser Planetensystem quasi ungestört aus einer kollabierenden Gas- und Staubwolke
entwickelt hat oder ob bei diesem Prozeß neben
der Protosonne noch ein weiterer, etwas massereicherer Protostern mit beteiligt war. Auf jeden Fall muß
es damals einen Supernovaausbruch in der Nähe gegeben haben, wie Goldkettchen
und Kernkraftwerke auf der Erde eindrucksvoll beweisen.
Siehe auch folgende Essays::