Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Eine der Traumtouren
des Vorjahres war die Wanderung nach Zwetlai (Světlá pod Ještědem)
am Jeschkenkamm. Die
faszinierende Baumblüte war in vollem Gange und erwärmte das Gemüt.
Dieses Erlebnis schreit förmlich nach einer Wiederauflage,
natürlich auf anderen Wegen. Als Ausgangspunkt der Wanderung wählten
wir Proschwitz (Proseč
pod Ještědem), wissend, dass Parkmöglichkeiten hier
ziemlich rar sind. Man befährt also die Panoramastraße von
Schimsdorf (Šimonovice)
Richtung Proschwitz und achte rechterhand auf einen Spielplatz, an
dem sich einige Parkmöglichkeiten befinden. Hier geht es los.
Wir befinden uns in
hoher Lage über dem südlichen Jeschkenvorland, die uns weite
Aussichten beschert. Zugleich ist die Tour aber mit
einem ziemlichen Auf und Ab verbunden, nicht immer auf festen Wegen.
So führen hier und da von den Weilern kleine Wirtschaftswege zu den
Bergwiesen, wo sie enden. Hier muss man sich einen Anschluss zur
nächsten Länderei suchen, zuweilen durch wildes Gestrüpp. Also
wandern wir zunächst von Proschwitz zu dem in einem Tal versteckten
Nest Bistrei (Bystrá). Hier schwerer Bedienfehler am GPS-Gerät, so
dass wir anstatt den Fußweg zu nutzen, auf einem extrem steilen
Anstieg eine Anhöhe stürmen wo es wirklich nichts zu sehen
gibt. Erst nach dem Durchstieg zur nächsten Bergwiese geht es bequem
weiter nach Bohdanken (Bohdánkov).
Die hiesigen
Ortsbezeichnungen muten ein wenig eigenwillig an. Das mag daran
liegen, dass wir uns hier an der ehemaligen deutsch-tschechischen
Sprachgrenze befinden, in der die deutschen Ortsbezeichnungen
einfach
von den tschechischen Namen abgeleitet wurden, so z.B. Scharing
(Źdárek), wohin uns der
Weg von Bohdanken führt.
„Scharingen, am
Südwestabhange des Jaberlichs gelegen, zerfällt in
zwei Teile: Deutsch-Scharingen
und Böhm.-Scharingen;
ersteres gehörte früher zum Gute Siebendörfel
und ist seit 1869 dem
Reichenberger Bezirke einverleibt; letzteres war
ehedem
ein Bestandteil des Gutes Sechsdörfer und ist
derzeit
dem Turnauer Bezirke zugeteilt. …
Die Ortschaft Scharingen wird urkundlich
das erstemal 1547 als
„Źdárek“ genannt.
Der Name Scharingen
(Scharigen, 1615 Schäringen)
ist gleichwie Scharchen (am Semmelberge
unweit Liebenau) nur die
der deutsche Zunge anbequemte Form des
weitverbreiteten tschechischen Ortsnamens Žďár-, Źdárek;
dies läßt der Umstand klar erkennen, daß
sowohl Scharingen am Jaberlich
als auch Scharchen am
Semmelberge von den
Tschechen Źdárek genannt
wird. Die Lautung Scharingen,
Scharchen (aus Scharige)
erklärt sich (nach Topper)
leicht durch die Biegung: Źdárk-u
nach Sch... (prede Źdárkem
(vor Sch), auch allein
Źdárkem (durch Sch.) mezi
Źdárkem a Bezděčínem
(zwischett Sch. und Bösching). Źdárek
ist die Verkleinerungsform von Žďár;
dieses jetzt veraltete und ganz
außer Gebrauch gekommene
Wort bedeutet nach Rank „gespaltenes
Holz“, auch Leichenbrandstätte-,
nach Dejnek aber auch nur
eine bloße „Brandstätte, besonders den
Meiler beim Kohlenbrennen“. („Heimatkunde des
Reichenberger Bezirkes“, Ant. Fr. Ressel; 1903-1905)
So,hätten wir auch das geklärt. Allerdings drängt sich mir die
Mutmaßung auf, dass vielleicht anstelle der sprachlichen
Verrenkungen
der Gebrauch der Kunstsprache Esparanto in dieser verzwickten Lage
sinnvoller gewesen wäre. Alles in allem aber ist Scharingen
wunderbar auf dem Rücken des Jaberlich gelegen. Von hier schweift
der Blick weit in die nun zum Böhmischen Paradies übergehende
Landschaft mit Kosakow (Kozákov),
Trosky (Trosky)
und Wiskersch (Vyskeř).
Nun geht es stramm
hinauf zum Jaberlich (Javornik),
wo uns im Riesenfass eine leckere Mahlzeit serviert wird. Der
Höhepunkt der Wanderung kommt natürlich zum Schluss. Den Rückweg
verlegen wir über Raschen (Rašovka)
zum Lubokaier Kamm (Hlubocký
hřeben)
bis hinauf zum (wochentags geschlossenen) Berggasthof „U Šámalů“.
Beim Blick hinüber zum Isergebirge erinnern wir uns an unsere
Ausflüge zum Kaiserstein (Císařský
kámen) und zum
Proschwitzer
Kamm (Prosečský
hřeben, am Isergebirge). Die in einer geschützten Senke
gelegenen Bänke laden zu einer letzten, aber ausgedehnten Rast ein.
Begibt man sich auf den davor liegenden Hügel, breitet sich eine
atemberaubende Landschaft vor den Augen des Wanderers aus. Besondere
Attraktion sind heute zwei freilaufende Pferde, die sich alsbald
unter die Gesellschaft mischen, sich streicheln lassen, aber dafür
natürlich etwas von den mitgeführten Köstlichkeiten abhaben
wollen, Äpfel und Gemüse zum Beispiel sind sehr willkommen. Meinen
Strohhut konnte ich gerade noch so vor ihrem Appetit retten. Vorbei
an den alten Bergbauernhöfen treten wir den Rückweg nach Proschwitz
an.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
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