Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Nach der Veröffentlichung unseres Reisebuches „Entdeckungen in Nordböhmen“ (siehe hier) harrt ein Folgeprojekt in der Pipeline, von dem wir hoffen, dass es irgendwann das Licht der Welt erblickt. Es befasst sich mit den Burgen und deren Reste in der Region, die wir beschrieben haben. Die Rede ist darin auch von der Burg Nawarow (Navarov) im Tal des Kamnitzbaches (Kamenice). Da uns dazu keine Bilder vorlagen, war es höchste Zeit, das Objekt einmal vor Ort zu inspizieren. Die Boskauer Dolomithöhlen (Bozkovské dolomitové jeskyně) sind auch nicht weit entfernt, das ließe sich ganz gut verbinden.
Die Ruine der Burg Nawarow, die von einigen früheren Zeitgenossen als unbedeutend beschrieben wird, setzt uns in Erstaunen. Vielleicht waren sie nur zu faul, aus dem Kamnitztal hinauf zu steigen, vielleicht haben sie dieselbe gar nicht gesehen. Von der Bahnstation Nawarow muss man ein Stück jenseits des Baches entlang der Bahnstrecke laufen.
„Die Bahn folgt erst ein Stück dem Iserthale aufwärts und wendet sich dann auf einer Brücke links über den Fluss ins Kamnitzthal hinein zur Station Engenthal. Weiterhin wird die Thalpartie teilweise schluchtartig eng; furchtbar schroff und mit gefährlichem Sturze drohend steigen rechts und links die mächtigen, von Wald gekrönten Schieferwände empor, zu deren Füssen die Kamnitz wildbrausend dahinzieht. Von der Station Nawarow nach der schwer zu findenden Ruine Zaucziftic (1/2St.) nehme man einen Führer; man erhält ihn im Wirtshause (jenseits des Flusses). Die Mauerüberreste sind nicht bedeutend; grossartig dagegen ist der Blick in das tiefe Kamnitzthal.“ („Führer durch Nord-Böhmen mit Eingangstouren durch die Sächsische Schweiz, das Erzgebirge und Lausitzer Gebirge“, 1891, Th. Schäfer)
Die mächtigen Mauerreste einer Vorburg und das eigentliche Gemäuer künden davon, dass es sich tatsächlich um eine stattliche Feste gehandelt haben muss.
Unsere gesamte Tour heute ist sehr ausgewogen und abwechslungsreich. Nach dem Burgbesuch wandern wir hinaus auf die Hochflächen des Isergebirgsvorlandes, die einerseits durch den Kamnitzbach, andererseits durch das Isertal (Jizerka) begrenzt werden. Wir blicken über eine sanfte Landschaft mit Wiesen und Feldern, eingebettet liegt das Dorf Jesen (Jesenný). Nördlich erscheint das Isergebirge nebst Schwarzbrunnkamm (Černostudniční hřbet), südlich der auslaufende Jeschkem-Kosakow-Kamm (Ještědsko-kozákovský hřbet) mit Kosakow (Kosakov) und dem Berg Tabor (Tabor). Bei dem schönen Herbstwetter nehmen wir uns angemessen Zeit auf unserem Weg nach Boskau und genießen die Gegend.
Die Boskauer Höhlen wurden erst 1947 bei Sprengarbeiten in einem Dolomitsteinbruch entdeckt. Die Mineralgewinnung wurde später eingestellt und das Höhlensystem touristisch zugänglich gemacht. Mannigfaltige Formen von Tropfsteinen sind hier zu besichtigen, Fledermäuse huschen durch den Schein der Lampen und am Ende der etwa 45 minütigen Führung passiert man einen unterirdischen See. Alles in allem: ein tolles, unerwartetes Erlebnis auf dieser Tour.
Der Rückweg führt uns zurück an den Kamnitzbach, den wir bis zum Ausgangspunkt unserer Wanderung beschreiten. Der sehr gepflegte Wanderweg ist dem tschechischen Historiker und Politiker František Palacký gewidmet. Über das Lebenswerk dieser bis heute hoch geachteten Persönlichkeit kann man sich hier informieren. Die Wanderung durch das Tal der Kamnitz ist ausgesprochen erquicklich. Bei gutem Wasserstand zischt und brodelt das Wasser über die Steine zu Tale, um dann an andernorts friedlich dahin zu fließen. An vielen Stellen ist das Tal durch Felswände gesäumt (siehe dazu auch o.a. Anmerkungen von Th. Schäfer). Auf der gegenüberliegenden Flussseite verläuft in diesem engen Tal die Eisenbahnlinie Tannwald – Eisenbrod (Železný Brod). Der Errichtung dieser Strecke wurde 1872 beschlossen. Die Trasse wurde bereits 1875 eröffnet. Aus heutiger Sicht ist der Bau mit den damaligen Möglichkeiten durch dieses Engtal als technische Meisterleistung anzuerkennen. Von Nawarow führt der Palacký-Steig weiter bis Plaw (Plavy). Nach unseren Erlebnissen merken wir uns diesen Abschnitt für eine spätere Wanderung vor.
Die GPS-Daten für diesen Track kann man hier abrufen.
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