Sonntag, 6. September 2020

Offener Brief von Björn Ehrlich an MP Kretschmer

Es war wohl kaum damit zu rechnen, dass die Sächsische Zeitung den folgenden Leserbrief nicht veröffentlichen würde. Das finde ich schade, denn mir ist bewusst, dass mein Anliegen auch weite Kreise in der Bevölkerung berührt. So soll dieser Leserbrief nun auf diesem Kanal veröffentlicht werden, der ja auch über eine gewisse Reichweite verfügt.



Ministerpräsident Michael Kretschmer
Sächsische Staatskanzlei
Archivstraße 1
01097 Dresden


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
ich schreibe Ihnen diesen offenen Brief als Bürger des Freistaates Sachsen. Ich darf vorausschicken, dass wir am 21.08.2020 ein Zusammentreffen anlässlich der Eröffnung des neuen Aussichtsturmes auf der Lausche hatten, ohne dass Sie mich persönlich kennengelernt haben. Nebenbei gesagt, fand ich diese Veranstaltung als sehr wohltuend, kontrastierte die Atmosphäre doch erfreulicherweise und auffällig zu den Gepflogenheiten und den Herausforderungen, denen sich die Bürger des Landes heute ausgesetzt sehen. Aufgrund Ihrer persönlichen Art, sich den Menschen im Land zuzuwenden, das Gespräch zu suchen und zuzuhören, wissen Sie auch, dass die Stimmung sehr schlecht ist und gefühlt steuert die Gesellschaft auf eine Katastrophe zu, wirtschaftlich wie menschlich. Die wirtschaftlichen Rahmendaten kennen Sie sicher besser als ich.

Immerhin genießen Sie bei einem großen Teil der Bevölkerung des Bundeslandes Sachsen ein hohes Maß an Vertrauen. Und so ließen Sie aufhorchen, als Sie in der vergangenen Woche gemäß der Medienberichte auf länderspezifische Corona-Regeln beharrten. Um so erstaunlicher war es, zu hören, dass nun ausgerechnet ihr Kollege Haseloff, MP des Landes Sachsen-Anhalt, die Courage aufbrachte, bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz auf seiner eigenen Linie zu bestehen. Von Ihnen habe ich keine klaren Aussagen mehr zu diesem Thema gehört, was leider nicht nur mich irritiert. Sie kennen die Infektionssituation in Sachsen, insbesondere auch die Ihres Wahlkreises Görlitz, in dem ich beheimatet bin. Sie kennen aber auch die bundesweite Lage, die man aus den Zahlen des RKI ablesen kann. Ich frage Sie, warum werden diese Zahlen nicht vollständig veröffentlicht und dazu noch in einen verwirrenden Kontext gebracht, aus welchen die Corona-Maßnahmen des Staates dann abgeleitet werden? Jeder Normalbürger kann sich, wenn er sich der Mühe unterzieht, diese Informationen anschauen und ein eigenes Bild  verschaffen. Er braucht sich nicht einmal eine eigene Tabelle ausdenken, es reicht, beispielsweise einen Blick auf die vorbildlich aufgearbeiteten wöchentlichen Auswertungen der „Corona-Initiative Deutscher Mittelstand (CIDM)“ zu werfen. Sind diese Zahlen falsch, so berichtigen Sie mich bitte.

Jeder Bürger des Landes hat das Recht, sich eine eigene Meinung aus den unterschiedlichen Informationsquellen zu bilden und diese zu vertreten. Dazu gehört aber auch, dass die Menschen hinreichend über die verschiedenen Aspekte zu einer Sache informiert werden, in diesem Falle auch umfassend über die Expertisen anderer Wissenschaftler zur Corona-Krise. Leider werden diese von staatlichen Institutionen verschwiegen oder soll ich sagen unterdrückt? Ich hatte eigentlich am 21. August die Absicht, Ihnen das Buch „Corona Fehlalarm!“ von Prof. Sucharit Bhakdi zu überreichen, hatte dann aber erfahren, dass Sie diesen Herren bereits im Rahmen eines Runden-Tisch-Gespräches persönlich kennengelernt haben (was Sie eben im Verhältnis zu anderen Verantwortungsträgern einmal mehr auszeichnet). Welchen Zugewinn hat Ihnen diese Begegnung gebracht? Leider war ja offenbar eine Veröffentlichung dieser Veranstaltung nicht vorgesehen und, wie man hört, sollen die internen Aufzeichnungen dann auch noch verloren gegangen sein. Ich gehe aber davon aus, dass Sie sich bei dieser Gelegenheit hinreichend informiert haben und sich eine eigene Meinung über die Corona-Situation bilden konnten. Ich gehe insofern auch davon aus, dass Ihr vorgesehener Vorstoß im Kreise der Ministerpräsidenten-Runde durch dieses Vorwissen inspiriert gewesen ist.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich bitte Sie, diesen selbstbewussten Weg auch spürbar weiter zu beschreiten und wünsche Ihnen dazu den entsprechenden Mut und die nötige Entschlossenheit. Es steht hier sehr viel auf dem Spiel.

Mit freundlichen Grüßen


Björn Ehrlich
Bertsdorf-Hörnitz

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