Es war wohl kaum damit zu rechnen, dass die Sächsische Zeitung
den folgenden Leserbrief nicht veröffentlichen würde. Das finde
ich schade, denn mir ist bewusst, dass mein Anliegen auch weite
Kreise in der Bevölkerung berührt. So soll dieser Leserbrief nun
auf diesem Kanal veröffentlicht werden, der ja auch über eine
gewisse Reichweite verfügt.
Ministerpräsident
Michael Kretschmer
Sächsische Staatskanzlei
Archivstraße 1
01097 Dresden
Sehr geehrter Herr
Ministerpräsident,
ich schreibe Ihnen
diesen offenen Brief als Bürger des Freistaates Sachsen. Ich darf
vorausschicken, dass wir am 21.08.2020 ein Zusammentreffen
anlässlich der Eröffnung des neuen Aussichtsturmes auf der Lausche
hatten, ohne dass Sie mich persönlich kennengelernt haben.
Nebenbei gesagt, fand ich diese Veranstaltung als sehr wohltuend,
kontrastierte die Atmosphäre doch erfreulicherweise und auffällig
zu den Gepflogenheiten und den Herausforderungen, denen sich die
Bürger des Landes heute ausgesetzt sehen. Aufgrund Ihrer
persönlichen Art, sich den Menschen im Land zuzuwenden, das
Gespräch zu suchen und zuzuhören, wissen Sie auch, dass die
Stimmung sehr schlecht ist und gefühlt steuert die Gesellschaft
auf eine Katastrophe zu, wirtschaftlich wie menschlich. Die
wirtschaftlichen Rahmendaten kennen Sie sicher besser als ich.
Immerhin genießen
Sie bei einem großen Teil der Bevölkerung des Bundeslandes Sachsen
ein hohes Maß an Vertrauen. Und so ließen Sie aufhorchen, als Sie
in der vergangenen Woche gemäß der Medienberichte auf
länderspezifische Corona-Regeln beharrten. Um so erstaunlicher war
es, zu hören, dass nun ausgerechnet ihr Kollege Haseloff, MP des
Landes Sachsen-Anhalt, die Courage aufbrachte, bei der letzten
Ministerpräsidentenkonferenz auf seiner eigenen Linie zu bestehen.
Von Ihnen habe ich keine klaren Aussagen mehr zu diesem Thema
gehört, was leider nicht nur mich irritiert. Sie kennen die
Infektionssituation in Sachsen, insbesondere auch die Ihres
Wahlkreises Görlitz, in dem ich beheimatet bin. Sie kennen aber
auch die bundesweite Lage, die man aus den Zahlen des RKI ablesen
kann. Ich frage Sie, warum werden diese Zahlen nicht vollständig
veröffentlicht und dazu noch in einen verwirrenden Kontext
gebracht, aus welchen die Corona-Maßnahmen des Staates dann
abgeleitet werden? Jeder Normalbürger kann sich, wenn er sich der
Mühe unterzieht, diese Informationen anschauen und ein eigenes
Bild verschaffen. Er braucht sich nicht einmal eine eigene
Tabelle ausdenken, es reicht, beispielsweise einen Blick auf die
vorbildlich aufgearbeiteten wöchentlichen Auswertungen der
„Corona-Initiative Deutscher Mittelstand (CIDM)“ zu werfen. Sind
diese Zahlen falsch, so berichtigen Sie mich bitte.
Jeder Bürger des
Landes hat das Recht, sich eine eigene Meinung aus den
unterschiedlichen Informationsquellen zu bilden und diese zu
vertreten. Dazu gehört aber auch, dass die Menschen hinreichend
über die verschiedenen Aspekte zu einer Sache informiert werden,
in diesem Falle auch umfassend über die Expertisen anderer
Wissenschaftler zur Corona-Krise. Leider werden diese von
staatlichen Institutionen verschwiegen oder soll ich sagen
unterdrückt? Ich hatte eigentlich am 21. August die Absicht, Ihnen
das Buch „Corona Fehlalarm!“ von Prof. Sucharit Bhakdi zu
überreichen, hatte dann aber erfahren, dass Sie diesen Herren
bereits im Rahmen eines Runden-Tisch-Gespräches persönlich kennengelernt haben (was Sie eben im Verhältnis zu anderen
Verantwortungsträgern einmal mehr auszeichnet). Welchen Zugewinn
hat Ihnen diese Begegnung gebracht? Leider war ja offenbar eine
Veröffentlichung dieser Veranstaltung nicht vorgesehen und, wie
man hört, sollen die internen Aufzeichnungen dann auch noch
verloren gegangen sein. Ich gehe aber davon aus, dass Sie sich bei
dieser Gelegenheit hinreichend informiert haben und sich eine
eigene Meinung über die Corona-Situation bilden konnten. Ich gehe
insofern auch davon aus, dass Ihr vorgesehener Vorstoß im Kreise
der Ministerpräsidenten-Runde durch dieses Vorwissen inspiriert
gewesen ist.
Sehr geehrter Herr
Ministerpräsident, ich bitte Sie, diesen selbstbewussten Weg auch
spürbar weiter zu beschreiten und wünsche Ihnen dazu den
entsprechenden Mut und die nötige Entschlossenheit. Es steht hier
sehr viel auf dem Spiel.
Mit freundlichen
Grüßen
Björn Ehrlich
Bertsdorf-Hörnitz
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